Der Preis von Erdbeeren im Winter

Um Konsumenten in Mitteleuropa im Winter mit Früchten zu versorgen, werden weite Teile Südspaniens in eine Agrarwüste verwandelt.
Südspanien hat sich seit den 80er Jahren zu einem riesigen Obst- und Gemüseanbaugebiet entwickelt. Mit Subventionierung der EU wird im Winter all das geerntet, was der Konsument in Mitteleuropa im Supermarkt findet, vor allem Erdbeeren und Paradeiser.

Schon in den letzten Jahren bekamen die Spanier die Rechnung dafür präsentiert. Die exzessive Landwirtschaft mit enormem Wasserverbrauch verschärfte die Dürrekatastrophen in den vergangenen Sommern erheblich. Und Umweltschützer schlagen angesichts illegaler Rodungen von Wäldern für zusätzliche Ernteflächen Alarm.

Erdbeeren für Mitteleuropa
Die Gegend um Huelva in Andalusien gilt als größter Erdbeerlieferant Europas. Auch im Winter können Konsumenten in Österreich und anderswo zu den saftigen Früchten im Supermarktregal greifen, dank des warmen Klimas und Folienhäusern, die die Pflanzen schützen.

Auf Satellitenbildern sähen Teile Südspaniens so aus, als hätte jemand ein gigantisches Plastiksackerl darüber gestülpt, schreibt die "Süddeutsche Zeitung. 4.500 Tonnen Plastikabfall würden jährlich zum Recyceln in die USA gebracht.

Felder statt Wälder
Rund 2.000 Hektar Wald wurden bei Huelva in den vergangenen Jahren für Erdbeerplantagen gerodet - häufig illegal. "Zufällige" Waldbrände raffen den Baumbestand dahin, wenig später wachsen dort schon die Erdbeeren - zu viele mittlerweile: 30 Prozent der Ernte werden jährlich vernichtet, weil sie nicht verkauft werden können.

Immer wieder kommen auch andere Skandale ans Tageslicht: Immigranten aus Afrika und Osteuropa arbeiten häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen für einen Hungerlohn auf den Feldern.

Enormer Wasserverbrauch
Eine weitere dramatische Folge ist der Wasserbedarf der Kulturen. Subventioniert von der EU sind im trockenen Süden Spaniens schon 350.000 Hektar Gemüse- und Obstanbauflächen entstanden. Ein Hektar braucht pro Jahr 8.000 Kubikmeter Wasser: Davon könnten 45.000 Menschen täglich mit Wasser versorgt werden.

Extreme Dürren
2003 und in den vergangenen beiden Sommern kam es in Spanien zu extremer Dürre und dramatischen Wasserengpässen. Der Pegel des spanischen Wasserreservoirs fiel auf den tiefsten Stand in Jahrzehnten.

Und der Hauptverbraucher ist die Landwirtschaft: 77 Prozent des verbrauchten Wassers fließen in die Anbauflächen. Auf die Städte kommen 18 Prozent, während die Industrie die restlichen fünf Prozent verbraucht.

Illegale Brunnen
Die Bauern haben ihre eigene Lösung zur Bewässerung ihrer oft nur gepachteten Felder: Sie graben Brunnen. Sinkt daraufhin der Grundwasserspiegel, graben sie einfach tiefer. Das spanische Umweltministerium schätzt laut "Süddeutscher", dass die Landwirte etwa eine halbe Million illegale Brunnen betreiben.

Für die lokalen Vertreter der Wasserbehörde gleicht das Bemühen gegen den Raubbau am Wasser dem Kampf gegen Windmühlen. Umweltschützer des WWF versuchen es mit gutem Zureden und preisen Erdbeeren an, die auf ordnungsgemäß gewidmetem Grund mit legalem Wasser gezogen wurden - derzeit noch mit mäßigem Erfolg.

Regierung ratlos
Und auch die spanische Regierung steht dem Problem der wachsenden Agrarwüste ratlos gegenüber: Angekündigte Strafen für Wasserverschwendung während Dürreperioden sind nicht der Weisheit letzter Schluss.

Und der ehemalige Plan, Wasser über ein verzweigtes Kanalnetz aus dem feuchten atlantischen Norden des Landes in den trockenen Südens zu leiten, ist mehr als umstritten.

Bedenken von Ökologen und der Widerstand der Bevölkerung im Norden führten dazu, dass die EU die Förderung dieses Projekts zurückzog. Vor einem Jahr wurde es endgültig abgeblasen, die heute regierenden Sozialisten unter Jose Luis Rodriguez Zapatero setzen stattdessen auf die Entsalzung des Meerwassers. Aber auch diese Technologie ist umstritten, sie frisst relativ viel Energie.

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