Lizenz bereits abgelaufen

Steyr Mannlicher und Ministerien: Bisher keine Anfrage aus dem Ausland.
Der britische Zeitungsbericht, wonach rund 100 österreichische Präzisionswaffen via Iran den Weg in den Irak gefunden haben, sorgt hier zu Lande für Aufregung. Die Firma Steyr Mannlicher beteuert ihre Unschuld und vermutet, dass es sich um "Fälschungen" handelt.

Laut "Daily Telegraph" haben US-Soldaten bei Razzien in der irakischen Hauptstadt Bagdad rund 100 Stück des Scharfschützengewehrs vom Typ Steyr Mannlicher HS50 gefunden.

Teil einer Iran-Lieferung 2005
Die Waffen stammen demnach aus einer Tranche von 800 Stück, die die oberösterreichische Waffenschmiede 2005 an die iranischen Sicherheitsbehörden ausgeliefert hatte. Diese wollten die Gewehre nach eigenen Angaben im Kampf gegen die Drogenkriminalität einsetzen.

Sowohl Steyr Mannlicher als auch Außen- und Innenministerium betonen, dass der Waffendeal völlig legal gewesen sei, und verteidigen die Ausfuhrgenehmigung für den Iran.

Steyr Mannlicher: Keine Anhaltspunkte
Beim österreichischen Produzenten hat man nach Angaben des neuen Eigentümers Franz Holzschuh noch keinen Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei den angeblich im Irak gefundenen Scharfschützen-Gewehren um Waffen des Unternehmens handelt.

Bis jetzt habe es keine der sonst üblichen behördlichen Anfragen gegeben, um zu überprüfen, ob es sich um Steyr-Mannlicher-Waffen handle, so Holzschuh.

"Wenn eine Waffe von uns irgendwo gefunden wird, veranlassen die ausländischen Behörden normalerweise eine Seriennummern-Anfrage", so Holzschuh. Eine solche Anfrage erlaubt es, die Herkunft einer Waffe festzustellen. "In diesem Fall ist das nicht gemacht worden. Das Einzige, womit wir konfrontiert wurden, ist dieser Zeitungsartikel."

Gewehre eine Fälschung?
Da es bisher keine Behördenanfrage gibt, geht Holzschuh davon aus, dass es sich bei den Gewehren im Irak um Fälschungen handelt - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Da die Lizenz für diese Gewehre international bereits abgelaufen sei, könnten diese Waffen jederzeit von anderen Erzeugern "nachgebaut" werden, so Holzschuh.

Keine offizielle Bestätigung
Weder Innen- noch Außenministerium konnten bisher den angeblichen Waffenfund bestätigen. "Bis jetzt liegen uns keine diesbezüglichen Informationen vor", sagte Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums, am Dienstag. Astrid Harz vom Außenamt erklärte ebenfalls, es gebe dafür noch keine Bestätigung.

Laut den beiden Sprechern haben sich US- oder andere ausländische Behörden in diesem Fall noch nicht mit Wien in Verbindung gesetzt. "Im Moment sind wir von offizieller Seite noch nicht kontaktiert worden", sagte Harz. Gollia erklärte, es habe "noch keine Anfragen nach der Seriennummer (der Waffen) oder sonstige Anfragen" gegeben.

Innenministerium: Genau geprüft
Sowohl Gollia als auch Harz betonten, die österreichische Zustimmung zu dem Waffengeschäft im Jahr 2004 sei auf Grundlage der damaligen Sachlage korrekt gewesen.

"Die Exportgenehmigung ist auf Basis der österreichischen Rechtslage legal und korrekt erstellt worden", sagte die Außenamtssprecherin. In den darauf folgenden Jahren habe es keine Bewilligungen von Exportanträgen mehr gegeben, weil sich die Situation im Iran geändert habe, so die beiden Sprecher.

Endverbraucher-Zertifikat abgewartet
Gollia zufolge hatte Steyr Mannlicher im Oktober 2003 einen Antrag auf Export von 800 Scharfschützen-Gewehren in den Iran gestellt. Im Oktober 2004 lag demnach ein Endverbraucher-Zertifikat aus dem Iran vor. Das Innenministerium erteilte die Erlaubnis für den Export mit einem entsprechenden Bescheid im November 2004.

Das Außenministerium hatte zugestimmt, nachdem es laut Harz den Antrag "auf Basis des Kriegsmaterialiengesetzes und unter Berücksichtigung des politisch verbindlichen Verhaltenskodex der EU für Waffenexporte" geprüft hatte.

Großbritannien und USA protestierten
Washington und London hatten bereits damals ihre Bedenken gegen die österreichische Lieferung angemeldet und scharf protestiert. Die USA straften Steyr Mannlicher 2005 mit einem einjährigen Embargo.

"Befürchtungen eingetreten"
Der "Daily Telegraph" zitiert nun einen Beamten aus dem britischen Verteidigungsministerium mit den Worten, nun seien Befürchtungen, die Waffen könnten in falsche Hände gelangen, eingetreten.

Dem "Telegraph" zufolge starb bereits kurz nach der Lieferung an den Iran ein US-Soldat durch Schüsse aus einem HS50-Scharfschützengewehr auf sein Fahrzeug.

In den vergangenen Monaten seien dann sukzessive mehrere der Waffen im Irak aufgetaucht. Während einer Razzia in Bagdad hätten US-Soldaten erst vor kurzem schließlich mehr als 100 der Gewehre gefunden.

Großkalibrige Präzisionswaffe
Das mehrere tausend Euro teure und über zwölf Kilogramm schwere Präzisionsgewehr hat eine Reichweite von bis zu 2.000 Metern und Kaliber .50 BMG (12,7 mm).

Es kann damit sowohl Splitterschutzwesten als auch Panzerungen etwa an den US-"Humvee"-Truppentransportern mühelos durchbrechen. Die Waffe lässt sich laut Hersteller mit wenigen Handgriffen zerlegen und wieder zusammensetzen.

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