Straches Pose habe nichts mit "irgendeiner verbotenen oder dem Neonazismus auch nur annähernd zuzurechnenden Geste" zu tun, so die FPÖ in einer Aussendung. Was die Geste bedeuten sollte, verschwieg die Aussendung - nachdem die Partei zuvor von einem "Gruß der Südtiroler Freiheitskämpfer" gesprochen hatte.
Foto aus den 80er Jahren
Das Foto zeigt Strache, im Burschenschafter-Outfit an einem Tisch sitzend. Laut "Österreich" wurde die Aufnahme Ende der 80er Jahre bei einem Burschenschaftertreffen gemacht - in dem Moment, als Strache den damals aktiven Rechtsextremisten Franz Radl begrüßte.
Eine Geste und ihre Bedeutung
Strache spreizt auf dem Bild drei Finger seiner rechten Hand. Diese Pose wird "Kühnengruß" genannt - nach dem deutschen Neonazi-Führer Michael Kühnen, der den "schlampigen Führergruß" in seinen Kreisen popularisierte.
Mit dem aus Deutschland importierten Gruß hätten sich Ende der 80er Jahre traditionell österreichische Neonazis und Mitglieder der so genannten Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) begrüßt, schreibt "Österreich".
In Deutschland strafbar
Der "Kühnengruß" geht auf das strafrechtliche Verbot des Hitlergrußes in Deutschland zurück. Mit der neuen Pose wollten die Neonazis die Gerichte überlisten. Funktioniert hat das nicht: Die Geste ist dort als offensichtliche Ersatzhandlung genauso strafbar.
Strache hatte zuletzt nicht ausgeschlossen, dass es Bilder von ihm mit Hitlergruß geben könnte. Er könne sich das allerdings nicht vorstellen, so Strache in der ZIB2 am Dienstag. Wenn, dann sei das eine "dumme Provokation" gewesen.
Antifaschistischer Gruß?
Anfangs verteidigten die FPÖ-Generalsekretäre Herbert Kickl und Harald Vilimsky die Pose in einer Aussendung mit der Erklärung, es handle sich um jenen Gruß, der sei 1961 von "den Südtiroler Freiheitskämpfern" verwendet worden sei.
Der Gruß sei in "die burschenschaftliche Tradition" aufgenommen worden und bei Südtiroler Brauchtumsveranstaltungen und bei Kommersen "auch heute noch üblich", so die FPÖ anfangs. Auch Strache selbst sprach von einem "Zeichen des Widerstands gegen den Faschismus".
"Kein Kontakt zu Radl seit 1991"
Den Gruß gebe es "seit Jahrzehnten. Alle anderen Interpretationen sind an Lächerlichkeit nicht zu überbieten", so Strache gegenüber der "Presse" (Samstag-Ausgabe). Den Rechtsradikalen Franz Radl kenne er, räumte er ein. "Und zwar, weil er Burschenschafter ist".
"Da hat man sich eben getroffen, vor allem auf Kommersen. Aber ich kann nur sagen: Ich habe mit Radl sei 1991 keinen Kontakt mehr", so Strache. In der Veröffentlichung der Fotos sieht er eine Kampagne der politischen Gegner wegen seiner Erfolge mit der FPÖ.
"Südtiroler Gruß" unbekannt
Die Definition des Grußes als antifaschistische Geste der Südtiroler Freiheitskämpfer ist in Südtirol nicht bekannt - gerade dort empfand im Gegenteil die deutschsprachige Bevölkerung Auftritte italienischer Rechter mit dem "Kühnengruß" als besondere Provokation.
Auch im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) ist ein "Südtiroler Freiheitskämpfer-Gruß" unbekannt. Zugleich verwies das DÖW gegenüber der ZIB1 darauf, dass der "Kühnegruß" üblicherweise mit ausgestreckter Hand zu sehen sei.
FPÖ bedauert "Missverständnis"
Auch die FPÖ wollte in einer zweiten Aussendung plötzlich nichts mehr von der Existenz eines "Südtiroler Freiheitskämpfer-Grußes" wissen und sprach von einem "Missverständnis", durch das die Aussendung von Vilimsky und Kickl sowie Straches Äußerungen entstanden seien.
Der zuständige Pressereferent habe durch einen bedauerlichen "Verständnisfehler" geglaubt, dass das Bild etwas mit dem Südtiroler "Trutzlied" zu tun habe, "bei dem während der letzten Strophe die Schwurfinger erhoben werden".
Keine neue Interpretation
Darauf, dass Strache den angeblich typischen Gruß "seit Jahrzehnten" kennen will, wurde in der neuen Aussendung nicht eingegangen. Ebenso wenig wurde eine neue Interpretation der Geste nachgereicht. "Österreich" wurde jedoch mit rechtlichen Konsequenzen gedroht.
In der ZIB2 am Freitag meinte Strache, er könne sich nicht mehr daran erinnern, was er mit der Geste habe signalisieren wollen - möglicherweise, dass er bei dem Treffen "noch drei Bier oder noch drei G'spritzte" trinken habe wollen.
Justizministerium winkt ab
Strafrechtliche Konsequenzen braucht Strache offenbar dennoch nicht zu fürchten. Für Christian Pilnacek, Leitender Staatsanwalt in der Sektion für Strafrechtsverfahren im Justizministerium, ist der auf dem Foto dokumentierte Tatbestand "unterhalb der Schwelle des Strafrechts".
"Alleine aus der Darstellung eines Grußes, ohne dass damit ein zusätzlicher Inhalt zum Ausdruck gebracht wird, lässt sich nur schwer eine Strafbarkeit konstruieren", so Pilnacek. Allenfalls wäre eine solche beim Hitlergruß gegeben.
"Nicht unbedingt neonazistisch"
Ohne das Foto zu kennen, schloss Pilnacek auf Beschreibung dessen, was darauf zu sehen ist, ein Einschreiten der Staatsanwaltschaft eher aus. Es handle sich dabei offenbar um eine Geste, mit der die Allgemeinheit nicht unbedingt neonazistische Inhalte verbinde.
Um gegen Strache vorzugehen, wäre es nach Einschätzung des Beamten aber erforderlich, dass der FPÖ-Chef damit zum Ausdruck habe bringen wollen, "dass er das Gedankengut des Nationalsozialismus akzeptiert oder öffentlich anpreist".
Links:
- Österreich
- Kühnengruß (Wikipedia)
- Hitlergruß (Wikipedia)
- Presse
- FPÖ
- DÖW