Unter Squeeze-out versteht man ein Verfahren, das es Mehrheitsaktionären erlaubt, Restbestände von Kleinaktionären per Barabfindung aus dem Unternehmen herauszudrängen. Bei den nächsten Hauptversammlungen wolle man sich die Erlaubnis für das Squeeze-out sichern, teilte die Bank am Dienstag in Mailand mit.
"Faire Abfindung"
Den Minderheitsaktionären beider Institute solle eine "faire" Abfindung geboten werden. UniCredit hält bereits 95 Prozent an der bayrischen HypoVereinsbank (HVB) und 94,98 Prozent an der BA-CA.
Damit ist ein Zwangsausschluss der Kleinaktionäre möglich. Bisher hatte die italienische Bank das allerdings stets abgelehnt.
Verwirrung über den Preis
Irreführend waren daraufhin die Informationen, wonach das Pflichtangebot für die Streubesitzaktionäre nicht unter 109,60 Euro je Aktien liegen dürfe.
Die Summe ergebe sich aus den gesetzlichen Vorschriften, wonach das Mindestangebot nicht unter dem Durchschnittskurs der letzten sechs Monate vor der Ankündigung liegen darf, wie auch BA-CA-Sprecher Peter Thier zunächst bestätigte.
"Angemessen" muss er sein
So sicher sollte man die 109,60 Euro aber nicht nehmen, warnt ein Experte im Börseexpress des "WirtschaftsBlatts". Wie hoch der Preis sein wird, entscheiden allein die Gutachter.
Im Gesellschafterausschlussgesetz (GesAusG), das seit Mai 2006 in Kraft ist, ist nämlich kein "Pflichtangebot" vorgesehen - wie beim Übernahmegesetz. Anzusetzen ist vielmehr ein angemessener Preis und nicht - wie beim Pflichtangebot im Übernahmerecht - der Durchschnittskurs der letzten sechs Monate.
"Richtschnur, kein Gesetz"
BA-CA-Sprecher Thier bestätigte gegenüber ORF.at: Es handle sich bei dem errechneten Wert von 109 Euro "mehr um eine etablierte Richtschnur der vergangenen Jahre", es sei aber nicht gesetzlich geregelt.
Vielmehr werden nun externe Gutachter die BA-CA auf Basis einer Unternehmensanalyse bewerten und einen Preis festsetzen, der dann noch vom Handelsgericht überprüft werden muss.
Warten bis 3. April
Am 3. April sollten BA-CA-Aktionäre dann vom Angebot in Kenntnis gesetzt werden, so Thier weiter. Wichtig ist ihm, darauf hinzuweisen, dass die 10.100 Namensaktien (Golden Shares) von Betriebsratsfonds und AVZ-Stiftung nicht betroffen sind.
Aktien machten Kurssprung
BA-CA-Kleinaktionäre - zu denen im Vorjahr auch ein nicht so kleiner britischer Hedge-Fonds gehörte - hatten sich bereits voriges Jahr vehement für eine "angemessene" Abfindung des Streubesitzes ausgesprochen.
Dass UniCredit nun beschloss, den Kleinaktionären eine Zwangsabfindung anzubieten, wurde von den Börsenteilnehmern in Wien, Frankfurt und Warschau zunächst mit kräftigen Kurssprüngen quittiert.
Mittwochmittag notierte die Aktie in Wien bei 132 Euro - rund fünf Prozent höher als zum Dienstag-Schluss.
Entscheidungen fallen in Mailand
UniCredit und BA-CA hatten noch bis Ende vorigen Jahres versichert, dass ein Squeeze-out derzeit nicht geplant sei.
Mit einem Verbleib an der Börse war vor allem bei der Bank Austria ein gewisses Maß an Autonomie erwartet worden, allerdings war klar, dass die Entscheidungen in Mailand fallen.
Gnadenfrist für den Streubesitz
Schon zur Übernahme der HVB/BA-CA-Gruppe durch UniCredit hatten die Italiener den österreichischen Aktionären ein Abfindungsangebot gemacht, das damals aber nicht ausreichend angenommen wurde. Deshalb gab es noch eine Gnadenfrist für den Streubesitz.
Generell ist ein Ausscheiden der Kleinaktionäre aber für den Markt nicht wirklich überraschend, zumal es gesetzlich möglich ist, bei derartigen Free-Float-Verhältnissen jederzeit zu solchen Entscheidungen zu gelangen.
Zudem wolle UniCredit nicht weiter unnötig kritische Stimmen in den Hauptversammlungen, wenn es an einen weiteren Konzernumbau gehe, hieß es bei Börsianern zur APA.
Rasinger fordert 140 bis 150 Euro
Nur der Abfindungspreis für den Streubesitz werde entscheiden, ob es für die größte Bank in Österreich ein "ordentlicher" oder "schmerzvoller" Abschied von der Börse wird, sagte Wilhelm Rasinger, Chef des Interessenverbandes der Anleger (IVA).
"Ordentlich" wäre für Rasinger, würden die Italiener 140 bis 150 Euro je Aktie bieten, wie der prominente Aktionärsschützer am Mittwoch festhielt.
Rechtsstreit in Deutschland
Laut Rasinger ist die von der BA-CA genannte Squeeze-out-Regelung - Stichwort Durchschnittskurs der letzten sechs Monate - für die jetzige Abfindung "sicher nicht heranzuziehen".
In Deutschland würden die letzten Gutachten, die den Bankentransaktionen mit UniCredit zu Grunde lagen, bereits juristisch bekämpft. Schließlich gehe es bei Pflichtofferten für Mitaktionäre nicht um das alleinige Wohl des Mehrheitseigentümers, sondern um Interessen der übrigen Aktionäre.
Der Poker hat begonnen
Thier kommentierte diese Ansage gegenüber ORF.at wenig erfreut und verwies darauf, dass Rasinger erst kürzlich 120 Euro verlangt hatte.
Mit dem Verweis auf gesetzliche Festlegungen für den Abfindungskurs werden sich die Kleinaktionäre nicht ganz zufrieden geben, verlautete am Mittwoch auch zur APA: Es werde jedenfalls einen längeren Poker geben, UniCredit werde wohl nicht so günstig davonkommen wie in Mailand möglicherweise geplant.
Vorbild Generali
Verwiesen wird darauf, dass es voriges Jahr auch bei der Generali mit Nachbesserungsforderungen geklappt habe. Nach langen Debatten hatte der italienische Generali-Konzern als Hauptaktionär den Streubesitzaktionären in Wien für den Börsenabgang statt der zuvor gebotenen 42,5 Euro je Aktie letztlich 52 Euro hinblättern müssen.
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