Noch zu Silvester auf der Bühne

Bronner prägte die heimische Kabarettszene der Nachkriegszeit entscheidend mit.
Der Wiener Kabarettist, Komponist und Schriftsteller Gerhard Bronner ist tot. Wie seine Familie bekannt gab, starb Bronner am Freitag 84-jährig in einem Wiener Spital, nachdem er wenige Tage zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.

Die vielfach ausgezeichnete Kabarettlegende prägte die heimische Kabarettszene der Nachkriegszeit entscheidend mit. Noch zu Silvester war er im Wiener Theater Akzent mit einem Mix aus Klassikern wie "Der G'schupfte Ferdl" und "Der Papa wird's schon richten" und aktuellen Rückblicken auf das Jahr 2006 aufgetreten.

"Kein Vergnügen"
Bronner wurde am 23. Oktober 1922 in Wien geboren. "Es war kein Vergnügen, das Licht der Welt in Favoriten zu erblicken", schrieb er in seiner 2004 erschienenen Autobiografie "Spiegel vorm Gesicht". Bronners Jugend war von Armut, aufgewühlter Zeitgeschichte und dem Favoritner Milieu geprägt.

Flucht nach Palästina
1938 musste er aus Wien nach Palästina fliehen. "Ja, ich hatte hier Wurzeln", meinte er in einem Interview, "aber die wurden mit roher Gewalt herausgerissen und sind eigentlich nie wieder nachgewachsen." Wien sei "nie so etwas wie eine Heimat geworden".

1948 kehrte Bronner in seine Geburtsstadt zurück, wo er zunächst als Unterhalter und Pianist in der Bar "Marietta" in der Spiegelgasse arbeitete. Mit seinem ersten musikalischen Bühnenwerk "Reigen 51", das im Wiener Konzerthaustheater uraufgeführt wurde, machte Bronner als Komponist von sich reden.

Sein herausragendes kabarettistisches Talent bewies er im gleichen Theater vor genau 50 Jahren, als 1952 mit dem Programm "Brettl vor dem Kopf" der berühmte "G'schupfte Ferdl" große Bekanntheit erreichte.

Sprungbrett für junge Künstler
1955 kaufte Bronner die "Marietta"-Bar und machte aus dem Nachtlokal ein renommiertes Sprungbrett für junge Künstler wie Georg Kreisler, Louise Martini, Peter Alexander und Helmut Qualtinger.

Zunehmend an Beliebtheit gewannen Bronners Kabarettprogramme wie "Glasl vor'm Aug", "Marx und Moritz", "Brettl vorm Klavier", "Ich und der Teufel" und "Die Arche Nowak".

Fünf Jahre in Florida
1986 kam es zur zweiten Emigration aus Wien: Nach einer Steuerprüfung und verstärkten antisemitischen Angriffen zur Zeit der Waldheim-Diskussion "kaufte ich, mehr zufällig als absichtlich, ein Haus in Florida".

1986 blieb Bronner dort, galt in Österreich nun als Steuerflüchtling. "Für einen gelernten Emigranten wie mich war das kein großes Opfer." Die unbelastete Rückkehr nach Wien ermöglichten 1993 Freunde des Künstlers, die in einer Sammelaktion großzügig in die Tasche gegriffen hatten, um die Strafe beim Wiener Landesgericht zu hinterlegen.

60 Platten
Der mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und dem Nestroyring der Stadt Wien ausgezeichnete Bronner spielte über 60 Langspielplatten ein, die er meist auch selbst produzierte.

Dazu kamen mehr als 120 eigene TV-Programme und 2.000 Rundfunkprogramme, darunter die beliebten Serien "Guglhupf" und "Schlager für Fortgeschrittene".

Einen Namen machte sich der Vater von vier Kindern (darunter "Standard"-Gründer und -Herausgeber Oscar Bronner) auch als Übersetzer von amerikanischen Musicals wie "Cabaret", "Alexis Sorbas" und "My Fair Lady" und mit Neubearbeitungen klassischer Operetten.

Programmhinweise
In memoriam Gerhard Bronner ändert Ö1 am Sonntag sein Programm: Um 14.05 Uhr ist in der Reihe "Menschenbilder" das Porträt "Von Beruf Bronner" zu hören, um 22.05 Uhr erinnert "Contra" in vielen Ausschnitten an den österreichischen Kabarettisten.

ORF2 widmet Bronner am Samstag ab 21.55 Uhr den Themenabend "Kein Blattl vor'm Mund - In memoriam Gerhard Bronner" - mehr dazu in tv.ORF.at.

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