SPÖ-Zugeständnisse an die ÖVP

SPÖ muss sich mit Eurofightern herumschlagen, die Studiengebühren bleiben.
Am 99. Tag nach der Wahl steht die Regierung. SPÖ und ÖVP haben sich am Montagvormittag endgültig auf eine Renaissance der großen Koalition geeinigt. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer wird neuer Bundeskanzler.

Die Ressortverteilung
Für das Zu-Stande-Kommen der Koalition mit der ÖVP machte die SPÖ bei den Ministerien und auch bei den Inhalten große Zugeständnisse. Neben dem Finanzministerium hat die ÖVP auch noch überraschend das Innenressort erobert.

Zudem bleiben dem von der Volkspartei geführten Wirtschaftsministerium wider Erwarten die von der SPÖ heiß begehrten Arbeitsagenden.

Eurofighter: SPÖ muss verhandeln
Dafür müssen sich die Sozialdemokraten künftig mit den Eurofightern herumschlagen, fällt ihnen doch erstmals seit vielen Jahren wieder das Verteidigungsministerium zu.

Der zukünftige Ressortchef - für diese Rolle wird der ehemalige Zivildiener Norbert Darabos gehandelt - hat von Gusenbauer den Auftrag erhalten, mit dem Eurofighter-Hersteller EADS in Verhandlungen zu treten, um eine Verbilligung des Deals zu erreichen.

Im Koalitionsabkommen wird nur allgemein ein Bekenntnis zur Luftraumüberwachung verankert. Beide Parteichefs bezeichneten die Eurofighter-Frage weiter als "strittig".

"Undogmatischer Weg" bei Studiengebühren
Bei den Studiengebühren werde es einen "vielleicht für viele undogmatischen Weg" geben, meinte der SPÖ-Chef. Demnach sollen Stipendien und Studienkredite ausgebaut werden.

Außerdem soll die Gebühr von 363 Euro pro Semester all jenen Studenten erlassen werden, die gemeinnützige Arbeit leisten, beispielsweise bei der Unterstützung von sozial bedürftigen Schülern und in der Hospizbewegung.

"Zugang zu Universitäten bleibt offen"
"All diejenigen Studenten, die keine Studiengebühr zahlen wollen, brauchen keine Studiengebühr zahlen, wenn sie bereit sind, ihrerseits einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten", betonte Gusenbauer.

"All diejenigen, die sagen, für mich ist das zu mühsam, ich will das nicht, denen steht der Zugang zu den Universitäten offen, indem sie ihre Studiengebühren zahlen."

Schüssel: "Erstklassige Rahmenbedingungen"
Der scheidende Bundeskanzler freute sich in seinem ersten Statement, dass vieles von der bisher gezeigten Politik auch unter Rot-Schwarz bestehen bleibe, etwa die Garantie, dass beim Steuersystem die "erstklassigen Rahmenbedingungen" erhalten blieben. Im Bereich der Unternehmen werde der Kurs der Parteifreiheit fortgesetzt.

Finanzpolitisch kündigte Schüssel an, dass man das Defizit jedes Jahr weiter senken wolle. 2010 solle dann ein Überschuss erzielt werden, der an die Bevölkerung im Rahmen einer Steuerentlastung zurückgegeben werde. Die Abgabenquote solle deutlich unter 40 Prozent zu liegen kommen.

ÖVP: "Wahlfreiheit im Schulsystem"
Im Schulbereich freute sich der Noch-Kanzler, dass die von der ÖVP stets gewollte Wahlfreiheit bestehen bleibe: "Es muss ein differenziertes System sein." Familienpolitisch hob Schüssel hervor, dass die Leistungen für Mehrkindfamilien erhöht würden.

"Umfassendes Arbeitsprogramm"
Man habe gemeinsam mit der ÖVP ein "sehr umfassendes Arbeitsprogramm" mit insgesamt rund 180 Seiten für die kommenden vier Jahre vereinbart, sagte Gusenbauer. Der Schwerpunkt bei den zusätzlichen Ausgaben der neuen Regierung werde in den Bereichen Wachstum, Beschäftigung und Bildung liegen, so der SPÖ-Chef.

Wahlmöglichkeit bei Kindergeld
Bestätigt wurde von Gusenbauer außerdem die Einigung beim Kindergeld. Demnach wird eine zweite Wahlmöglichkeit für Eltern geschaffen.

Sie können künftig entweder wie bisher bis zu 36 Monate lang (Vater und Mutter gemeinsam) das Kindergeld von 436 Euro pro Monat beziehen oder bis zu 18 Monate lang (ein Elternteil bis zu 15, der zweite zumindest drei Monate) 800 Euro monatlich.

Außerdem soll die Zuverdienstgrenze auf 16.200 Euro jährlich angehoben werden. Gusenbauer sprach von einem "echten Anreiz" für eine rasche Rückkehr auf den Arbeitsmarkt.

Legislaturperiode fünf Jahre lang
Beim Wahlrecht kann die SPÖ als Erfolg verzeichnen, dass das Wählen mit 16 Jahren kommt. Die ÖVP setzte sich mit ihrem Wunsch nach der Briefwahl durch.

Völlig überraschend wurde vereinbart, dass die Legislaturperiode statt wie bisher vier ab dem nächsten Urnengang fünf Jahre beträgt. Keine Verständigung gab es auf eine eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare, die von der ÖVP abgelehnt wurde.

Belastungen für Autofahrer
Belastungen für die Autofahrer werden durch die Erhöhung der Mineralölsteuer entstehen. Zusätzlich wird das Lkw-Roadpricing angehoben.

Budget: Überschüsse ab 2010
Der Budgetpfad sieht vor, dass das Defizit jedes Jahr geringer werden soll. 2010 sollen dann Überschüsse erzielt werden, die in Form einer Steuerentlastung an die Bevölkerung zurückgehen.

Die Abgabenquote soll dann laut ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel deutlich unter 40 Prozent gesunken sein.

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