Milliarden für den Wiederaufbau

Die letzte Rate in Millionenhöhe wurde am Freitag überwiesen.
Mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat Großbritannien jetzt die letzten Raten von Kriegskrediten an die USA und Kanada gezahlt.

Großbritannien lieh sich 1945 4,3 Milliarden Dollar von der US-Regierung und ein Jahr darauf 1,2 Mrd. Dollar von Kanada aus. An die USA wurden als letzte Rate am Freitag 83,25 Millionen Dollar (63,4 Mio. Euro) überwiesen. Kanada bekam 22,7 Mio. Dollar (17,3 Mio. Euro).

"Lebenswichtige Hilfe"
"Wir lösen nun endgültig die Verbindlichkeiten an die USA und Kanada ein, die uns vor 60 Jahren unterstützt haben", sagte der britische Schatzminister Ed Balls. Es habe sich um "lebenswichtige Hilfe für den Sieg über Nazi-Deutschland und für die Sicherung von Frieden und Wohlstand nach dem Krieg" gehandelt.

Durch parlamentarische Anfrage enthüllt
Dass die letzte Zahlung überhaupt öffentlich wurde, ist ein Zufall: Die britische Abgeordnete Anne Moffat erfuhr von den sechs Jahrzehnte alten Schulden im Vorjahr durch eine parlamentarische Anfrage.

Es sei verwunderlich, dass bisher so gut wie niemand davon gewusst habe, so Moffat zur BBC: "Es scheint ein dunkles, gut gehütetes Geheimnis gewesen zu sein."

Materielle Unterstützung
Durch das Leih- und Pachtgesetz war es den USA schon seit März 1941 möglich, Staaten, die gegen Nazi-Deutschland kämpften, ohne sofortige Zahlung materiell zu unterstützen. Kurz danach, nach dem Angriff auf Pearl Harbour, traten die Vereinigten Staaten ebenfalls in den Krieg ein.

Nach Kriegsende ließen die USA Ausrüstung, die weiter benötigt wurde, in Großbritannien zurück. Die Kosten dafür machen einen Teil der Kreditsumme aus, die jetzt zurückgezahlt wurde.

"Kredit war für Wiederaufbau"
"Kurz gesagt: Alles, was wir im Zweiten Weltkrieg von Amerika bekommen haben, war gratis. Der Kredit war nicht so sehr für den Krieg selbst da, sondern vor allem dazu, Großbritannien beim Wiederaufbau nach dem Krieg zu helfen", sagte Mark Harrison, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Warwick University, der BBC.

"Das war eine ganz andere Situation als im Ersten Weltkrieg, als Geld für die Kriegsführung selbst ausgeliehen wurde."

Fast doppelte Summe zurückgezahlt
Zusammen hatten Washington und Ottawa den Briten seinerzeit 5,52 Mrd. US-Dollar für Militärausgaben und die Behebung der Kriegsschäden geliehen.

Mit Zinsen zahlte London über die Jahre hinweg nahezu doppelt so viel zurück: Bisher erhielten die Regierung in Washington 7,5 Mrd. und Kanada zwei Mrd. Dollar.

Zwei Prozent Zinsen
Von den ausgehandelten Bedingungen können Kreditnehmer heute nur träumen. Für die Geräte, die die USA den Briten überließen, verlangten sie nur ein Zehntel der tatsächlichen Herstellungskosten - und die jährlichen Zinsen betrugen nur zwei Prozent.

Doch sogar diese Bedingungen waren manchen britischen Experten einst zu hart. Der Ökonom John Maynard Keynes forderte etwa, dass das Geld von vornherein ein Geschenk sein oder zumindest ohne Zinsen zurückgezahlt werden sollte.

Schuldenberge aus dem Ersten Weltkrieg
Dem Finanzministerium zufolge existieren zwischen den USA, Großbritannien und anderen Ländern auch noch Schulden aus dem Ersten Weltkrieg. Seitdem US-Präsident Herbert Hoover 1934 während der großen Depression ein Moratorium ausrief, habe jedoch keine Partei auf ihren Ansprüchen beharrt, hieß es.

In der Theorie hat London bei Washington noch 40 Mrd. Pfund Schulden aus dieser Zeit. Andere Länder - welche es genau sind, konnten laut BBC Beamte des Schatzministeriums trotz ausführlicher Recherche in den Archiven bisher nicht eruieren - schulden Großbritannien hingegen ganze 104 Mrd. Pfund.

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