Die "neuen Probleme" von Natascha Kampusch

Schwieriger Umgang in der Öffentlichkeit.
Nach rund vier Monaten in Freiheit hat Natascha Kampusch am Montagabend in einem Beitrag der Sendung "Thema" Bilanz über ihre Gefangenschaft und das Leben danach gezogen.

Die Sorge über ihr Verbleiben sei zwar von ihr abgefallen, jetzt müsste sie sich allerdings mit "neuen Problemen und alten Geschichten" auseinander setzen. Dass sie nach ihrer Flucht von Menschen umringt sein werde, die sich aus diversen Gründen um sie bemühen, sei ihr allerdings bewusst gewesen.

Auch Familie leidet unter dem Druck
Unter dem äußerlichen Druck leidet nicht nur Natascha Kampusch, sondern auch deren Familie. "Alle glauben, wir müssen jetzt irrsinnig happy sein, aber im Großen und Ganzen stresst das die Familie", erzählte die 18-Jährige.

Auch der Alltag und die Konfrontation mit Menschenmassen ist für Kampusch nach ihrer jahrelangen Isolation nicht immer einfach: "Teilweise ist das wirklich aufdringlich für mich, ich mag die lauten Stimmen nicht, die Menschen haben unterschiedliche Körpergerüche, sie rauchen, sie parfümieren sich", erzählte Kampusch. Dennoch habe sie von Anfang an keine Schwierigkeiten im sozialen Umgang gehabt.

Mangelndes Verständnis
Kampusch beklagte sich auch über Menschen mit mangelndem Verständnis für ihre Situation. "Es tut mir nur Leid für die Menschen, die meinen, dass es mir irrsinnig gut geht und dass sie am liebsten mit mir tauschen würden", sagte die 18-Jährige. "Sie sollen sich wirklich einmal hinsetzen und versuchen, sich in meine Lage zu versetzen."

Die Menschen könnten auch ausprobieren, einen Tag oder eine Woche in einem engen Raum zu verbringen.

Obwohl es schwierig oder kaum möglich sei, sich alleine in der Öffentlichkeit zu bewegen, gäbe es dabei aber auch angenehme Momente: Viele Leute würden es auch nur gut meinen, lächeln einen an, gratulieren oder zwinkern einem einfach zu, so Kampusch.

"Übertriebene Neugier"
Zugleich müsse sie sich vor Menschen schützen, die ihre Geschichte ausbeuten wollten. Auch zu einigen Interviews äußerte sie sich kritisch: "Es gab Fragen, da stellen sich einem wirklich die Nackenhaare auf."

Diese seien untergriffig gewesen, auch von übertriebener Neugier spricht Kampusch im Gespräch mit ORF-Redakteur Christoph Feurstein, der mit Kampusch bereits zwei Wochen nach ihrer Flucht das weltweit erste TV-Interview machen durfte.

"Kein Superstar"
Trotz der Interviews, die sie gebe, fühle sie sich nicht wie eine Berühmtheit. "Ich werde nicht wie ein Star behandelt von meinem Sozialarbeiter - die Leute, die mich da betreuen, die behandeln mich wie einen normalen Menschen", sagte Kampusch.

Wie Kampusch die Enge ertrug
An ihre spektakuläre Flucht erinnert sich die junge Frau mit gemischten Gefühlen. "Das verschwimmt sehr stark, manchmal kommt es mir wie eine Ewigkeit vor, dann auch wieder nicht", sagte die 18-Jährige.

Sie habe ihr Verlies manchmal den Sarkophag genannt. Um der Enge zu entrinnen, habe sie sich vorgestellt, der Raum sei weit und sie sei von Leuten und Häusern umgeben, erinnerte sich Kampusch an ihre Gefangenschaft.

Ihr Tagesablauf sei von einer Zeitschaltuhr geregelt gewesen, nach der zu bestimmten Zeiten das Licht in ihrem Verlies anging. Ansonsten habe sie sich am Radioprogramm orientiert. "Man muss das nutzen, was da ist und enge Gefühle abschütteln", sagte sie.

Priklopil ein "Ignorant"
Von Entführer Wolfgang Priklopil sei kein Mitgefühl zu erwarten gewesen. Dazu sei er nicht fähig gewesen, nicht einmal, wenn sie krank gewesen sei, sagte Kampusch. Priklopil habe sie gesagt, "dass ich es einfach nicht zulassen werde, dass ich als gebrochener und kaputter Mensch dahinvegetiere".

Priklopil habe sie regelmäßig hungern lassen. Dennoch habe sie in seinem Haus hart arbeiten müssen, etwa Fliesen legen. "Ich habe immer zu ihm gesagt, er ist ein irrsinniger Ignorant, weil er hat mich immer ignoriert", sagte sie.