Pinochet starb schließlich verfolgt von seinen Feinden, verlassen von fast allen Mitstreitern und sogar von seiner Familie mehr ertragen als verehrt. Schuld an diesem tiefen Sturz war neben immer neuen Erkenntnissen über die Schrecken seiner Herrschaft auch Pinochets oft gezeigtes Triumphgehabe.
Theatralische Heimkehr
Eine Kostprobe gab er im Jahr 2000 bei seiner Heimkehr gleich auf dem Flughafen in Santiago. Die britische Regierung hatte den Greis für schwer krank erklärt und eine Auslieferung an Spanien, wo ihm wegen der Verbrechen unter seiner Herrschaft den Prozess gemacht werden sollte, abgelehnt. Stattdessen ließ sie Pinochet in einem Gnadenakt unbehelligt ziehen.
Theatralisch wurde er in Santiago im Rollstuhl sitzend mit einer Hebebühne aus dem Flugzeug geholt. Kurz darauf erhob er sich aus dem Rollstuhl.
Pinochets Provokationen
Während eine Militärkapelle deutsche Marschmusik anstimmte, grüßte Pinochet mit dem offensichtlich überflüssigen Krückstock die ihm zu Ehren angetretenen Militärs und alten Kumpanen.
Seine Anhänger jubelten damals noch, aber London war beschämt und der gerade gewählte sozialistische Präsident Ricardo Lagos schäumte vor Wut.
Schweigepakt gebrochen
Pinochet hatte einen nie offen ausgesprochenen, aber nach Ansicht politischer Beobachter in Santiago schon damals bestehenden Schweigepakt gebrochen.
Die ursprüngliche Abmachung sah nach Einschätzung von Zeitungskommentatoren vor, dass Chile die These von der Verhandlungsunfähigkeit schluckt und sich Pinochet dafür aus dem öffentlichen Leben zurückzieht.
Wieder "verfahrensunfähig"
Den Patzer auf dem Flughafen verzieh die Regierung Pinochet noch. Nachdem der inzwischen berühmte Untersuchungsrichter Juan Guzman den früheren Herrscher über Leben und Tod wegen der Ermordung inhaftierter Regimegegner durch die "Todeskarawane" unter Anklage gestellt hatte, wurde das Verfahren 2002 vom Obersten Gerichtshof wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt.
Grundlage war ein ärztliches Gutachten, das sich so oder so auslegen ließ.
Kein Einsehen bis zuletzt
Im November 2003 aber halste sich Pinochet erneut Ärger auf. In einem Fernsehinterview verhöhnte er Opfer seiner gnadenlosen Diktatur. Er habe sich ja wohl "für nichts zu entschuldigen", so Pinochet.
Um Verzeihung sollten ihn lieber die "Marxisten und Kommunisten" bitten. Für Empörung sorgte nicht nur, was er sagte, sondern vor allem wie. Der alte Mann sprach mit sicherer Stimme und wirkte alles andere als verhandlungsunfähig.
Kaum noch Solidarität
Guzman brachte in der Folgezeit ein weiteres Strafverfahren gegen Pinochet auf den Weg und die Immunität wurde erneut aufgehoben.
Im Dezember 2005 erklärte er Pinochet nach einem ärztlichen Gutachten und einem Verhör für voll verhandlungsfähig und klagte ihn wegen Mordes und Entführung im Zusammenhang mit der "Aktion Condor", der grenzübergreifenden Verfolgung und Ermordung von Regimegegnern, an. Selbst im rechten Lager gab es kaum noch Proteste oder gar Solidaritätsdemonstrationen.
Pinochet sollte "seinen Mann stehen"
Pinochets von soldatischem Ehrgefühl geprägten Anhänger waren enttäuscht, dass sich der frühere Befehlshaber vor der Justiz drückte, während seine früheren Mitarbeiter ins Gefängnis wanderten. Monica Madariaga, Justizministerin während der Diktatur, rief Pinochet auf, endlich seinen Mann zu stehen.
Unverzeihlicher Griff in die Kasse
Noch schlimmer wog die Aufdeckung von Dollar-Millionen unklarer Herkunft auf Konten Pinochets in den USA. Die rund 3.500 Toten der Diktatur und Zehntausende Folteropfer werden in rechten Kreisen noch heute als notwendige Folge des "Krieges gegen den Kommunismus" gerechtfertigt. Der "Griff in die Kasse" aber war für seine Anhänger unverzeihlich.
Der letzte Geburtstag
Noch Ende November hatte der frühere Machthaber seinen 91. Geburtstag gefeiert und sich kurz einer kleinen Gruppe von Anhängern vor seinem Haus gezeigt. Dabei hatte er sich mit fremder Hilfe sogar aus dem Rollstuhl erhoben.
Anklage und Hausarrest
Anschließend war er in einem vierten Fall wegen Menschenrechtsverbrechen während der Diktatur (1973-1990) unter Anklage und Hausarrest gestellt worden.
Dabei ging es um seine Mitschuld an zwei Morden der "Todeskarawane". Außerdem stand er wegen Verbrechen in dem früheren Folterzentrum Villa Grimaldi und der "Aktion Colombo", der Verschleierung von Diktaturmorden, unter Anklage. Ein weiterer Fall betraf den Vorwurf der Unterschlagung.
Links:
- Chilenisches Justizministerium
- Augusto Pinochet (Wikipedia)