Finanzierung noch offen

ÖVP nähert sich SPÖ-Forderung an.
Im Fall des Zu-Stande-Kommens einer großen Koalition dürfte ein verpflichtendes Vorschuljahr eingeführt werden. Wie das ORF-Radio am Sonntag berichtete, scheint sich nun auch die ÖVP mit der jahrelangen Forderung der SPÖ anzufreunden.

Ausgemacht sei die Sache aber noch nicht, so ÖVP-Verhandler und Staatssekretär Alfred Finz, der vor allem an die offene Finanzierung erinnert.

8.000 Kinder zusätzlich
Die SPÖ will, dass Kinder das kostenlose Vorschuljahr nicht in einer Schule, sondern im Kindergarten absolvieren. Rund 8.000 Kinder wären dann zusätzlich zu betreuten. Zugute kommen würde das laut SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser vor allem Kindern aus unterprivilegierten Schichten.

700 Kindergärtnerinnen nötig
Dazu würde man laut Niederwieser etwa 600 bis 700 Kindergärtnerinnen zusätzlich brauchen, die auch besser ausgebildet werden sollen. Spielerisch sollen so etwa Sprachdefizite noch vor dem Eintritt in die Schule ausgeglichen worden. ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon signalisierte im ORF-Radio Zustimmung zu dieser Maßnahme.

90 Mio. Euro
Die geschätzten Mehrkosten liegen bei 90 Millionen Euro. Umgesetzt werden könnte die Maßnahme nach Ansicht der SPÖ noch innerhalb dieser Legislaturperiode, etwa bis 2009. Unklar ist allerdings noch die Finanzierung einer solchen Maßnahme.

Finz: Noch nicht fix
So ist für Finz das verpflichtende Vorschuljahr mit der SPÖ noch "überhaupt nicht ausgemacht". "Die Verhandlungen darüber finden ja erst am 20. Dezember statt." Außerdem sei offen, "wie die Sozialdemokraten das finanzieren wollen", sagte Finz in einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier" (Montag-Ausgabe).

"Wir haben mit SPÖ-Verhandler (Christoph) Matznetter bis ins Jahr 2010 die Budgetentwicklung abgesteckt. Der finanzielle Rahmen ist äußerst eng."

BZÖ erfreut
Sozialministerin Ursula Haubner (BZÖ) begrüßte die Anzeichen für eine Einigung auf ein verpflichtendes Vorschuljahr. "Es ist immer positiv, wenn SPÖ und ÖVP die Positionen des BZÖ übernehmen." Ein verpflichtendes Vorschuljahr sei ein "Schritt hin zu mehr Chancengleichheit", so Haubner.

Streit über Pensionen
Neben dieser Annäherung im Bildungsbereich dominieren derzeit in den Koalitionsverhandlungen vor allem Widersprüche und Uneinigkeit.

Für Aufregung sorgte am Wochenende vor allem die Forderung der SPÖ, Bezieher von hohen Pensionen stärker zur Kasse zu bitten. Dafür musste der Salzburger SPÖ-Landesrat Erwin Buchinger, der das Kapitel Soziales verhandelt, scharfe Kritik von der ÖVP, aber auch aus den eigenen Reihen einstecken.

Gusenbauer steht hinter Buchinger
Schützenhilfe bekam Buchinger jedoch von Parteichef Alfred Gusenbauer. Buchingers Vorschlag sei Teil eines umfassenden Pensionskonzepts, so Gusenbauer im Interview mit der Tageszeitung "Österreich" (Sonntag-Ausgabe).

Demnach sollen all jene Pensionisten einen Solidarbeitrag leisten, die eine höhere Pension beziehen als die Höchstpension des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG).

500 Mio. Euro pro Jahr
Buchinger sprach sich in der "Presse" (Wochenend-Ausgabe) dafür aus, dass Bezieher von Pensionen über der ASVG-Höchstpension zehn Prozent vom übersteigenden Betrag in einen Solidarfonds einzahlen sollen.

Rund 500 Millionen Euro könnten damit pro Jahr eingenommen werden, so Buchinger. Damit könnte eine neue Schwerarbeitsregelung finanziert werden und eine Besserstellung bei den Kinderbetreuungszeiten.

Zusätzlich sollten bei langen Versicherungszeiten von über 45 Jahren die Abschläge wegfallen, so der Landesrat, der mit Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) die Sozialverhandlungen im Rahmen der Koalitionsgespräche führt.

Khol: "Das darf nicht sein"
Buchingers Vorschlag stößt beim ÖVP-Seniorenbund auf Widerstand: "Das darf nicht sein", erklärte Bund-Obmann Andreas Khol in einer Aussendung.

Drohung mit Verfassungsgerichtshof
Khol wäre sogar bereit, rechtliche Wege einzuschlagen, um die Umsetzung der Idee zu verhindern: "Wir werden uns bei den Regierungsverhandlungen quer legen und gegebenenfalls zum Verfassungsgerichtshof gehen, um eine solche Willkür im Rechtsstaat Österreich zu bekämpfen", betonte der Seniorenbund-Obmann.

Neugebauer: "Klassenkampf"
Nach Khol erregte sich Samstagvormittag auch ÖAAB-Obmann und Beamtenchef Fritz Neugebauer über diesen SPÖ-Plan. Er sprach in einer Aussendung von "klassenkämpferischen Tönen". Sollte die SPÖ insgesamt auf dieser Forderung bestehen, sieht Neugebauer darin einen "Anlass, keine Koalition mit der SPÖ einzugehen".

Und auch Finz erteilte dem von der SPÖ vorgeschlagenen Solidarbeitrag für hohe Pensionen eine Absage: "Wie oft wollen wir denn noch umverteilen? Unsere Politik war zu entlasten, nicht zu belasten."

Haubner: Verfassungswidrig
Auch Sozialministerin Ursula Haubner (BZÖ) lehnte den Vorschlag ab: "Ein solcher Eingriff in bestehende Pensionen ist verfassungswidrig und widerspricht dem Vertrauensschutzprinzip", erklärte sie in einer Aussendung.

Auch SPÖ-Pensionisten verärgert
Buchinger machte sich mit seinem Vorschlag auch in der eigenen Seniorenorganisation keine Freunde. "Es muss Schluss sein mit der ständigen Verunsicherung der Pensionisten", erklärte SPÖ-Pensionistenverbandspräsident Karl Blecha in einer Aussendung.

Grüne sehen sich durch Buchinger bestätigt
Die Grünen zeigten sich hingegen erfreut über Buchingers Vorschlag. Damit greife der Salzburger Landesrat einen Vorschlag seiner Partei auf, erklärte Sozialsprecher Karl Öllinger in einer Aussendung.

FPÖ gegen Sozialbeitrag
Wenig abgewinnen kann FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl Buchingers Vorstoß. Das wäre nur ein Prolongieren der Pfuscherei im Pensionssystem, meinte der Generalsekretär in einer Aussendung.

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