Positiv auf Polonium getestet

Italiener traf Litwinenko am Tag seiner Erkrankung in Sushi-Bar.
Im Zuge der Ermittlungen zum Todesfall des russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko sind nun auch bei einem der letzten Gesprächspartner des Verstorbenen Spuren des hochgiftigen radioaktiven Elements Polonium 210 festgestellt worden.

Wie mehrere britische Medien am Freitagabend berichteten, wurde der Italiener Mario Scaramella positiv auf Polonium getestet. In seinem Körper sei eine "signifikante Menge" von Polonium 210 festgestellt worden, so der britische TV-Sender Sky.

Laut BBC ergab das ein Urintest. Scaramella zeige bisher jedoch keine Symptome einer Vergiftung.

Litwinenkos Witwe ebenfalls radioaktiv
Auch bei Litwinenkos Witwe wurden Spuren von Radioaktivität gefunden, wie ein Freund der Familie, Alex Goldfarb, am Freitagabend mitteilte. Die Dosis sei jedoch nicht gefährlich, sagte er der Nachrichtenagentur AP. Eine Krankenhausbehandlung sei nicht notwendig.

Bei der gefundenen Substanz handelt es sich nach Angaben des britischen Innenministers John Reid ebenfalls um Polonium 210. Er identifizierte die betroffene Person allerdings nicht, sondern sprach lediglich von einem erwachsenen Familienmitglied.

Scaramella in Krankenhaus eingewiesen
Ein britischer Regierungssprecher bestätigte, dass bei Scaramella Polonium-Isotope im Körper festgestellt wurden. "Wir haben die italienische Regierung offiziell informiert", so der Sprecher weiter.

Laut italienischen Medienberichten wurde Scaramella für weitere Untersuchungen in ein britisches Krankenhaus eingewiesen.

In Sushi-Bar aufgenommen?
Die bei dem Italiener festgestellte Menge sei dabei größer, als bei einem normalen Händedruck hätte übertragen werden können, sagte ein Experte der BBC.

Es sei demnach wahrscheinlich, dass auch Scaramella in der Sushi-Bar, in der er sich mit Litwinenko traf, die radioaktive Substanz aufgenommen habe.

Nach dem Strahlentod von Litwinenko vor einer Woche sollte Scaramella von Scotland Yard als Zeuge vernommen werden. Der Italiener hatte angeblich geglaubt, dass sowohl er als auch Litwinenko verfolgt würden.

Aufregung über Prodi-Dossier
Scaramella geriet in Italien zuletzt nicht nur wegen seiner Rolle im Litwinenko-Krimi in die Schlagzeilen.

Dem italienische Kontaktmann Litwinenkos wird laut italienischen Medienberichten auch vorgeworfen, Dossiers zu dem italienischen Regierungschef Romano Prodi und anderen Mitgliedern der in Rom regierenden Mitte-Links-Koalition angelegt zu haben, um diesen durch einen Nachweis möglicher KGB-Verbindungen zu schaden.

Litwinenko obduziert
Am Freitag wurde die Leiche des Litwinenkos unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen obduziert. Die Pathologen schützten sich vor radioaktiver Strahlung, da in dem Körper des 43-jährigen hohe Dosen von Polonium 210 nachgewiesen worden waren.

An der Obduktion nahmen drei Pathologen teil: einer aus dem britischen Innenministerium, einer im Auftrag von Litwinenkos Familie und der dritte als unabhängiger Experte.

Die Ergebnisse der Obduktion werden anschließend von Toxikologen ausgewertet.
Die Ermittler erhoffen sich von der Untersuchung Aufschluss darüber, wie das Polonium 210 in den Körper Litwinenkos gelangen konnte. Das Ergebnis wird in einigen Tagen erwartet.

Verdacht gegen russischen Geheimdienst
In der Affäre richtet sich der Verdacht unterdessen zunehmend gegen den russischen Geheimdienst. Scotland Yard hält es nach Angaben der britischen Tageszeitung "The Guardian" (Freitag-Ausgabe) für "wahrscheinlich", dass der Exil-Russe und ehemalige Agent des Geheimdienstes FSB das Opfer eines Komplotts von früheren oder jetzigen FSB-Mitarbeitern wurde.

Eine "offizielle" Beteiligung des russischen Staates beispielsweise in Form eines Mordauftrages gilt für die Ermittler offenbar als ausgeschlossen, hieß es in dem Bericht weiter.

Verdächtige Fußballfans
Derzeit konzentrierten sich die Ermittlungen auf eine Gruppe von fünf oder mehr Russen, die zu einem Fußballspiel zwischen Arsenal London und ZSKA Moskau am 1. November in die britische Hauptstadt gekommen waren.

Sie flogen anschließend zurück nach Moskau. Die britische Polizei glaube, dass der Schlüssel für Litwinenkos Tod bei dieser Gruppe liege, berichtete der "Guardian".

WC in Hotel am stärksten verseucht
Die radioaktive Verseuchung, die an mehreren Orten in London gemessen wurde, war demnach auf den Toiletten jenes Hotels, in dem das Treffen stattgefunden hatte, am höchsten.

Diese Verseuchung war über dem zulässigen Grenzwert. In der Sushi-Bar, in die Litwinenko später ging, war die Radioaktivität deutlich geringer.

Aufregung in ganz Europa
Litwinenko war nach längerem Leiden am Donnerstagabend vergangener Woche gestorben. Die Affäre sorgt inzwischen in ganz Europa für Aufregung.

Nach der Entdeckung von radioaktiven Spuren in zwei British-Airways-Passagierflugzeugen bat die Fluggesellschaft mehr als 30.000 Fluggäste, sich zu melden. Die Gefahr einer Verstrahlung ist nach offiziellen Angaben aber sehr gering.

Links: