Kurz bevor er starb, hatte er in einem Gespräch mit der Londoner "Times" noch die russische Regierung beschuldigt, hinter dem Giftanschlag auf ihn zu stehen. "Diese Bastarde haben mich gekriegt, aber sie werden nicht jeden kriegen."
Lebensbeichte in Serie
Doch wie erst jetzt bekannt wurde, hatte der Ex-Agent bereits vorher öffentlich über seine Laufbahn innerhalb des russischen Geheimdienstes gesprochen.
Litwinenko führte unter anderem eine Serie von Gesprächen mit zwei Wissenschaftlern der britischen Westminster-Universität, berichtete am Wochenende der "Daily Telegraph".
Die Aufgaben eines FSB-Agenten
Darin habe er erzählt, wie er im Auftrag des Kreml am Aufbau der neuen wirtschaftlichen Elite nach dem Ende der Sowjet-Ära beteiligt gewesen sei, Auftragskiller rekrutiert und "Verräter" habe ausschalten lassen.
Das letzte der Gespräche mit den Politologen James Heartfield und Julia Svetlichnaja dürfte laut der Zeitung, die am Wochenende Auszüge daraus abdruckte, im Frühjahr aufgezeichnet worden sein.
"So haben wir Killer rekrutiert"
Meist sei es in den Interviews um Tschetschenien gegangen, zur Sprache seien jedoch auch die Praktiken inerhalb der russischen Geheimdienste gekommen.
"Es war ganz einfach", zitiert der "Telegraph" aus einem Gespräch mit dem Ex-Spion. "Wenn jemand Opfer eines Verbrechens wurde - sagen wir seine Tochter wurde vergewaltigt - erlaubst du ihm einfach, Rache zu nehmen. So haben wir aus Menschen Killer gemacht."
Liqidierung als "Gefälligkeit"
Der Ex-Agent habe weiters erzählt, wie er einst einem Vorgesetzten einen "Gefallen" tun musste. Der Mann habe Schulden bei Geldverleihern gehabt und diese nicht bezahlen können. Er selbst sei danach angewiesen worden, die Männer festzunehmen und sie anschließend zu liquidieren.
"Kreml hatte Problem - wir lösten sie"
"Unsere Abteilung arbeitete nach dem so genannten Problem-Prinzip", zitiert der "Telegraph" weiter aus den Gespräch mit Litwinenko. "Die Regierung hatte ein Problem und wir hatten es einfach zu lösen."
Erpressung und "Bestrafung"
Ein Befehl an ihn sei etwa gewesen, den früheren Ex-Agenten Michael Trepaschkin zu töten. Er hatte über die Aktivitäten der russischen Geheimdienste geplaudert. Ein andermal sei ein einflussreicher tschetschenischer Geschäftsmann in Moskau auf der Liste gestanden.
Wie viele derartige Befehle Litwinenko erhalten und insbesondere ausgeführt hatte, blieb offen.
Ab 1997, erzählte der Ex-Geheimdienstmann weiter, sei seine Abteilung verantwortlich für illegale Bestrafungsaktionen von "unbequemen" Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik gewesen. Im selben Zug habe sie ihre Opfer erpresst.
Vom KGB-Mann zum Putin-Kritiker
Litwinenko heuerte noch zu Sowjetzeiten beim Geheimdienst KGB an und stieg bei dessen Nachfolgeorganisation, dem Inlandsgeheimdienst FSB, zum Oberst auf. Im November 2000 floh er aus Russland und bat in Großbritannien um Asyl.
Vorwürfe öffentlich erhoben
Zwei Jahre zuvor hatte er seine Vorgesetzten beim FSB öffentlich beschuldigt, ihm die Tötung des russischen Milliardärs Boris Beresowski befohlen zu haben, der damals zum Machtzirkel des Kremls gehörte.
Außerdem beschuldigte Litwinenko FSB-Beamte, 1999 Bombenanschläge auf Wohnhäuser in Russland koordiniert zu haben. Diese kosteten rund 300 Menschen das Leben und lösten den zweiten Tschetschenien-Krieg aus.
Mit radioaktiver Substanz vergiftet
Litwinenko starb am Donnerstag 43-jährig in einer Londoner Klinik an Herzversagen. Als Todesursache steht mittlerweile eine Vergiftung durch die radioaktive Substanz Polonium fest.
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