David, ein biblischer Robin Hood

David begann seine Karriere als Banditenführer.
Wer kennt sie nicht, die biblische Geschichte des Schafhirten David und seines Aufstiegs zum König. Bekannt wurde der No-Name durch seinen Kampf gegen den Riesen Goliath.

Der schmächtige junge Bursche trug den Sieg davon, indem er seinem körperlich weit überlegenen Gegner mit einer Steinschleuder aus der Entfernung den Schädel einschlug und so die Philister in die Flucht schlug.

Im Reich des Mythos
Die beiden Archäologen Israel Finkelstein und Neil Silberman sehen in ihrem Buch "David und Salomo. Archäologen entschlüsseln einen Mythos" David allerdings weniger als den in der Bibel dargestellten Reichsgründer und gerechten König, sondern als Räuberhauptmann aus dem 10. Jahrhundert vor Christus.

Nach seinem Triumph über Goliath darf David an den Hof des Königs Saul. Doch Davids Glück an der Seite des Königs ist nur von kurzer Dauer. Er muss vor der Eifersucht Sauls fliehen.

Klassische Banditengeschichte
Die Bibel schildert dann seine Flucht und abenteuerlichen Streifzüge durch Dörfer und entlegene Wüstengebiete.

Hier gibt laut Finkelstein und Silberman die Geschichte ihre ältesten Wurzeln zu erkennen: die einer klassischen Banditengeschichte, wie sie an den Lagerfeuern der Hirten und durchreisenden Händler erzählt wurde, sind die beiden Autoren überzeugt.

Rebell gegen die Staatsmacht
David wurde Anführer einer Räuberbande, der zuerst ein Gebiet unsicher machte und es dann gegen die staatliche Macht als sein Einflussgebiet aufbauen konnte - eine Art Freischärler, Rebell also, so das Autorenduo.

Damit gewinnt auch der Konflikt mit König Saul eine andere Dimension - David forderte also die Staatsgewalt heraus und errichtete in dem daraus entstehenden Machtvakuum ein Gebiet, in dem er nach der Konsolidierung als Stammesfürst herrschte.

Nicht der einzige Bandit
Und Davids Vorgehen war kein Einzelfall, so das Argument der Autoren. Durch wirtschaftliche Not gedrängt bildeten sich im 10. Jahrhundert in Judäa zahlreiche Banden, die ihre Einflussgebiete aufbauen wollten.

Suche nach neuer Einnahmequelle
Es waren meist Schäfer oder Hirten, die durch einen Modernisierungsschub zu den ökonomischen Verlieren zählten und sich in die unzugänglichen Gebiete Judäas zurückzogen, um ein Leben in Freiheit abseits der zwar rudimentären, aber doch existierenden staatlichen Strukturen wie etwa Steuereintreibung zu führen.

Doch auch hier brauchte man eine Einnahmequelle.

Ein Robin Hood der Bibel
Die Autoren gehen davon aus, dass David eine Art Robin Hood war. Um Rückhalt in der Bevölkerung zu haben und nicht verraten zu werden, verschenkte er Teile seiner Beute in den Dörfern.

Durch die wachsende Beliebtheit angestachelt wurde vom Bergland aus ein strategisches Ziel ins Auge gefasst - Jerusalem sollte erobert werden.

Die Eroberung eines Dorfes
Laut Finkelstein und Silberman war die spätere Hauptstadt in dieser Zeit allerdings nur ein kleines Dorf, kaum Stadt zu nennen.

Die Autoren stützen sich dabei auf Ausgrabungen, die keine großartigen Bauten oder prunkvollen Paläste aus dieser Zeit ans Tageslicht gebracht haben.

Erzählung mit Vorbildern
Mehrere Stränge der Überlieferung überlagern sich in der biblischen Geschichte von David, schreiben Finkelstein und Silberman. Sie bescheinigen der biblischen Geschichte allerdings auch literarischen Wert.

Mehrere unterschiedliche Elemente könnten darin identifiziert werden. Darunter seien etwa mythische Themen, die auch in anderen Räubergeschichten und Heldenepen vorkämen.

Im Dunkel der Geschichte
Besonders faszinierend seien die "literarischen Fossilien", die die Geschichte berge. Abschnitte aus anderen, älteren Heldenepen scheinen an verschiedenen Stellen eingefügt worden zu sein.

Zwischen den Zeilen und Topoi scheine allerdings immer wieder die historische Figur des David durch. Doch wirklich viel könne man über sie nicht sagen.

Peter Bauer, ORF.at

Buchhinweis
Israel Finkelstein und Neil Asher Silberman: David und Salomo - Archäologen entschlüsseln einen Mythos. C. H. Beck 2006, 25,60 Euro.

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