Gentleman und Rebell

Paradekomiker und "Grandseigneur des deutschen Humors".
"Ich heiße Erwin Lindemann, ich bin 500.000 Jahre alt ... In 66 Jahren fahre ich nach Island ... und im Herbst eröffnet dann der Papst mit meiner Tochter eine Herren-Boutique in Wuppertal", verhaspelt sich ein 66-jähriger Pensionist beim TV-Interview nach einem Lottogewinn von 500.000 Mark beim Interview.

Lindemann ist die Erfindung von Bernhard Victor Christoph Carl von Bülow - auch bekannt als Loriot. Der Paradekomiker und "Grandseigneur des deutschen Humors" wird am Sonntag 83 Jahre alt.

"Die Ente bleibt draußen"
Die Figuren aus seinen Cartoons und Sketches eroberten seit seiner ersten TV-Show 1976 das Fernsehpublikum im Sturm und sind heute noch immer legendär. Fans des Humoristen wetteifern darum, wer den Lottogewinner oder die Jodel-Schülerin Hoppenstedt ("Holleri di dudl jö") am besten zitieren kann.

Oder auch Herrn Müller-Lüdenscheidt: Der trifft in seiner Hotelbadewanne unerwartet auf Herrn Dr. Klöbner. In Loriots Zeichentrick entbrennt zwischen den knollennasigen Männern ein Streit über Badegewohnheiten: "Die Ente bleibt draußen!"

"Ein Minimum an Stil"
Auf seinem Gründerzeitsofa wurde Loriot zu einem Markenzeichen intelligenter Fernsehunterhaltung. Im Gegensatz zu seinen Figuren legt der Sohn eines preußischen Berufsoffiziers großen Wert auf gute Umgangsformen.

"Die haben den Sinn, ein friedliches Miteinander zu ermöglichen", sagt der in Ammerland am Starnberger See lebende Wahlbayer aus Brandenburg an der Havel. "Ohne ein Minimum an Stil gerät man sich schnell in die Haare. Gutes Benehmen ist eine Schutzmaßnahme, um sich nicht dauernd gegenseitig auf den Schlips zu treten."

"So weit darf es doch nicht gehen"
Dabei war Loriots Karrierestart alles andere als reibungsfrei: Als er in den 50ern seine ersten Cartoons in den Zeitschriften "Stern" und "Quick" veröffentlichte, hagelte es in den Redaktionen Protestschreiben.

Besonders die "Stern"-Serie "Auf den Hund gekommen", in der Menschen die Haustiere der Hunde sind, sorgte für Aufsehen. "Ich sehe in den Bildern eine starke Herabsetzung des 'Homo sapiens'. So weit darf es doch nicht gehen", zitiert das Kulturmagazin "Literaturen" aus einem Leserbrief von damals. "Stern"-Chefredakteur Henri Nannen setzte die Serie nach sieben Folgen ab.

Blutiges Adventgedicht
Loriots Gedicht "Advent" sorgte 1969 sogar für eine Anfrage im deutschen Bundestag - kein Wunder angesichts des bitterbösen Textes.

Ausgerechnet am Nikolaustag bringt eine Försterin ihren Mann um: "Und in der Guten Stube drinnen, da läuft des Försters Blut von hinnen. Nun muss die Försterin sich eilen, den Gatten sauber zu zerteilen. ... Behält ein Teil Filet zurück als festtägliches Bratenstück."

"Dinge, die jedem passieren"
Dabei zeige er "ja allzu menschliche Dinge, die wirklich jedem passieren und einen großen Wiedererkennungswert haben", meinte Loriot.

Distanz und eine gute Beobachtungsgabe seien dafür unerlässlich. "Darüber hinaus muss man wach bleiben, nichts als selbstverständlich hinnehmen und sich über alles wundern."

"Altern ist eine Zumutung"
In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" haderte Loriot mit dem Altern und bezeichnete es als "Zumutung". Die Genussfähigkeit nehme nicht zu, der Wein schmecke nicht besser, die kleinen Übel gingen einem auf die Nerven, klagte er.

Das Alter sei nicht der erwartete beschauliche Lebensausklang. Wenn man jung sei, teile man die Menschen in Alte und Junge, im Alter dann in Kranke und Gesunde, so der heute 83-Jährige.

Im April dieses Jahres erklärte Loriot seinen Rückzug vom Fernsehen, das "zu schnell für meine Komik" geworden sei.

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