Mahler-Erbin erhält Bild

Fast 60 Jahre nach dem ersten Antrag wird das Bild restituiert.
Das Gemälde "Sommernacht am Strand" (auch: "Mondlandschaft" oder "Meereslandschaft mit Mond") von Edvard Munch, um dessen Rückgabe die Gustav-Mahler-Enkelin Marina Mahler lange gekämpft hat, wird aus der Österreichischen Galerie Belvedere an die Erben nach Mahler-Werfel restituiert.

Diese Empfehlung nach dem Rückgabegesetz hat der zuständige Beirat in seiner heutigen Sitzung ausgesprochen. Das Bildungsministerium wird sich, den bisherigen Gepflogenheiten folgend, an die Empfehlung halten und das Gemälde zurückgeben.

Beirat beruft sich auf Rechtssprechung
Den einstimmigen Beschluss, das Gemälde zur Rückgabe zu empfehlen, begründete der Beirat damit, dass auf Grund des Entschädigungsfondsgesetzes von 2001 in Verbindung mit der dazu seither ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Möglichkeit besteht, in besonders begründeten Ausnahmefällen trotz rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen Kunstgegenstände zurückzugeben. Der Beirat hatte eine Rückgabe 1999 schon einmal abgelehnt.

Belvedere respektiert Entscheidung
Die Österreichischen Galerie Belvedere nimmt die Entscheidung zur Kenntnis: "Wir sind Verwalter dieser Kunstwerke und respektieren natürlich jede Entscheidung in dieser Hinsicht", sagte Pressesprecher Klaus Pokorny am Abend zur APA.

Aus kunsthistorischer Sicht bedeute der Entschluss, das Gemälde zu restituieren, "natürlich einen großen Verlust für die Sammlung", so Pokorny. "Gleichzeitig ist aber klar, dass die Entscheidungen des Restitutionsbeirates voll zu akzeptieren sind", fügte er hinzu. Nach dem entsprechenden Prozedere werde das Werk nun restituiert.

Erbin "überwältigt"
"Ich kann es gar nicht glauben, ich bin mehr als glücklich", sagte eine zutiefst berührte Marina Mahler der APA am Telefon. "Es ist so unglaublich wunderbar." Sie denke vorerst nur an Alma Mahler-Werfel, die bereits vor Jahrzehnten versucht hatte, das Gemälde zurück zu bekommen.

"Es wird jetzt ein ganz anderes Gefühl sein, nach Wien zu kommen." Sie werde auf jeden Fall versuchen, so bald wie möglich in die Bundeshauptstadt zu reisen, so die Erbin, die es noch gar nicht richtig fassen konnte: "Es ist so aufregend."

"Bessere Argumente als Klimt-Erben"
Marina Mahler hatte nach der Restitution von fünf Klimt-Bildern an Bloch-Bauer-Erbin Maria Altmann Hoffnung auf eine späte Entschädigung geschöpft: "Auch der Altmann-Fall wurde zunächst vom Beirat abgelehnt, so wie meiner. Meine Argumente sind besser als die der Erben der Klimt-Bilder, juristisch wie moralisch. Deshalb habe ich Hoffnung", so Mahler im Februar dieses Jahres.

Sie hatte auch angedroht, bei einer negativen Entscheidung des Beirats vor Gericht zu ziehen - "in Österreich oder im Ausland".

Bei Flucht zurückgelassen
Das von Munch 1902 gemalte Bild war ein Geschenk des Industriellen Karl Reininghaus an Alma Mahler-Werfel. 1937 lieh sie das Werk gemeinsam mit vier weiteren Gemälden der Österreichischen Galerie.

Einen Tag nach dem "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland, am 13. März 1938, flüchtete Mahler-Werfel mit ihrem jüdischen Ehemann Franz Werfel - dem dritten nach Gustav Mahler und Walter Gropius - aus Österreich.

Stiefvater verkaufte Bilder
Nur wenige Tage später wurden die Bilder ihrem Stiefvater Carl Moll, einem bekennenden Nationalsozialisten, ausgehändigt. 1940 verkaufte er dann ohne das Einverständnis Mahler-Werfels im Namen von Almas Halbschwester Maria Eberstaller das Bild um 7.000 Reichsmark der Galerie - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Anträge und Klagen abgewiesen
Bereits 1947 stellte Alma Mahler-Werfel einen Rückstellungsantrag gegen die Republik Österreich. Eine Klage wurde 1953 durch das Oberlandesgericht Wien abgewiesen - aus formalen Gründen, da der mit 15.000 Schilling gemessene Streitwert zu gering war, um den Obersten Gerichtshof damit zu befassen.

Bis zu ihrem Tod 1964 in New York kämpfte Mahler-Werfel vergeblich um ihr angebliches Lieblingsbild. Und 1999 lehnte der von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) neu geschaffene Restitutionsbeirat eine Rückgabe unter Berufung auf das Urteil von 1953 gegen den Antrag von Marina Mahler erneut ab.

Weitere Rückgaben
Der Rückgabebeirat hat in seiner Sitzung weiters folgende Objekte zur Rückgabe empfohlen: an die Erben nach Alice und Carl Bach das Gemälde "Rosenstillleben" von Wilhelm Trübner aus der Österreichischen Galerie Belvedere; an die Erben nach Robert und Margarethe Piowaty-Lang prähistorische Objekte aus dem Naturhistorischen Museum Wien; an die Erben nach Siegfried Radin zwei Porzellanplatten aus dem Österreichischen Museum für angewandte Kunst; an die Erben nach Marianne und Otto H. Zels Bücher, Broschüren sowie eine Originalradierung aus der Bibliothek des Technischen Museums Wien mit Österreichischer Mediathek.

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