Kleingeist vs. Musentempel

"House Attack" und "Keep a Cool Head" sind bis 11. Februar zu sehen.
Das Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig (MUMOK) im Wiener MuseumsQuartier hat einen "Anbau" bekommen: Ein umgestürztes Einfamilienhaus hängt seit Dienstag quasi kopfüber über den Dachrand herunter.

Die Aufsehen erregende Installation "House Attack" wurde mit einem Kran auf das Dach des Museumsgebäudes gehievt. Sie macht weithin sichtbar Werbung für "Keep a Cool Head", die Retrospektive des österreichischen Künstlers Erwin Wurm, die ab Freitag im MUMOK zu sehen ist.

"Hat Köb gut gefallen"
Im Zuge der Planung für die Personale habe er die Idee für die Installation gehabt und eine Skizze des Einfamilienhauses angefertigt, erklärte Wurm. "Das hat (MUMOK-Direktor, Anm.) Edelbert Köb gut gefallen."

Das Haus sei als Symbol für konservative und kleingeistige Sehnsüchte zu verstehen, das mit dem Museum als "institutionalisierter Musentempel kollidiert", erklärte Wurm.

2,8 Tonnen Stahl
Drei Kräne waren notwendig, um das Objekt auf das MUMOK-Dach zu hieven. Insgesamt wurden 2,8 Tonnen Stahl und weitere sieben Tonnen Baumaterial benötigt. Der umgestürzte Bungalow ist 5,5 Meter hoch, seine Grundfläche beträgt sechs mal zehn Meter, und er ragt in einer Höhe von 24 Metern über die historischen Bauten des MuseumsQuartiers hinaus.

Komplizierte Statik
Die Architekten Markus Spiegelfeld und Paul Messner entwarfen das realisierte Modell, der Statiker Wolf Dietrich Ziesel nahm sich der komplizierten Herausforderung an, die Sicherheit des Projekts zu gewährleisten.

Das Kopfüber-Haus muss nicht nur in sich stabil sein, sondern auch noch den Winter mit möglichen Wetterkapriolen überstehen. "House Attack" wird während der gesamten Ausstellungsdauer der Wurm-Schau am MUMOK hängen bleiben, also bis 11. Februar.

"Einminutenskulpturen"
In "Keep a Cool Head" werden an die vierhundert weitere Arbeiten Wurms gezeigt. Der 52-Jährige, der mit seinem unkonventionellen Werk aus Skulptur, Objekt und Performance zu den international bedeutendsten Künstlern der Gegenwart zählt, ist mit seinen "one minute sculptures" berühmt geworden.

Bei den "Einminutenskulpturen" handelt es sich um skulpturale Handlungen im Minutentakt, die die Besucher nach den präzise vorgegebenen szenischen Anleitungen des Künstlers erschaffen.

"Starrer Formbegriff nicht zeitgemäß"
Charakteristisches Bindeglied im vielfältigen künstlerischen Werk Wurms: die fortlaufende Suche nach dem Wesen der Skulptur. "Ich löse in vielen Arbeiten einen starren Formbegriff als nicht mehr zeitgemäß auf", erklärte der Künstler jüngst bei der Präsentation einer zweiten großen Schau im Ludwig-Forum in Aachen.

Folgerichtig ging der Künstler nach den "one minute sculptures" aus geschlossenen Räumen heraus. Zwischen 1998 und 2000 entstanden die "outdoor sculptures", Momentaufnahmen in Appenzell, Taipeh und Cahors, die etwa einen unter einem Karren liegenden chinesischen Händler zeigen, der - den Kopf auf einem Zebrastreifen, von seiner Säcke-Last beschwert - platt zu Boden gegangen ist.

Fettes Auto
Im Zentrum der MUMOK-Schau stehen die voluminösen Skulpturen aus Wurms "Fat"-Serie. "Fat car" stellt etwa die versinnbildlichte Verfettung eines Autos dar und zeigt so Wurms Ansatz eines veränderten Skulpturbegriffs.

Auch neue Arbeiten wie "Truck" (2005), "Telekinetically bent VW-Van" (2006) und "The Artist who swallowed the world" (2006) sind zu sehen.

Links: