EU leitet Verfahren ein

EU nimmt Glücksspielmonopole von Österreich, Frankreich und Italien ins Visier.
Der Schlagabtausch staatlicher Glücksspielmonopolisten gegen die auf den Markt drängende private Konkurrenz, die zuletzt mit der Verhaftung der Vorstände des österreichischen Wettanbieters bwin in Frankreich einen Höhepunkt fand, ruft nun die EU auf den Plan.

Betroffen ist dabei neben Frankreich und Italien auch Österreich, wie ein Sprecher von EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy am Dienstag mitteilte. Bereits am Donnerstag werde demnach ein Vertragsverletzungsverfahren in Sachen Glücksspielmonopol gegen besagte Länder eingeleitet - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Gleichzeitig kündigte McCreevy Verfahren gegen weitere Länder an. Zudem würden gegen Deutschland und sechs weitere EU-Staaten bereits Verfahren laufen, weil die Kommission lukrative staatliche Sportwettmonopole als Verstoß gegen den freien Binnenmarkt ansieht.

Klage nicht ausgeschlossen
Der EU-Sprecher bestätigte zudem einen Bericht der britischen Tageszeitung "Financial Times", wonach im Zuge des Verfahrens ein Mahnschreiben an Paris, Rom und Wien wegen deren restriktiver Glücksspielgesetze gesandt werden soll.

Sollte sich die EU-Kommission in der Folge nicht mit der Antwort der betroffenen Regierungen zufrieden geben, droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EUGH) in Luxemburg.

Die EU-Kommission kündigte bereits Ende September - unmittelbar nach der Verhaftung der bwin-Chefs Manfred Bodner und Norbert Teufelberger - an, verschärft gegen EU-Staaten vorgehen zu wollen, die den freien Wettbewerb auf dem Gebiet der Sportwetten und des Glücksspiels einschränken.

Verstoß gegen Dienstleistungsrecht
Auch von bwin wurde nach den Vorfällen in Frankreich bereits angekündigt, sich an die EU-Kommission wenden zu wollen und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich anzustrengen.

Geklärt werden soll, ob Frankreich gegen das geltende Recht zur Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verstoße, so bwin-Sprecher Konrad Sveceny.

Das staatliche Wettmonopol in Deutschland und in anderen Ländern sorgt seit längerem für Streit. Dabei geht es der EU-Kommission weniger um das Monopol an sich als darum, ob die Beschränkungen für private Wettanbieter nach EU-Recht gerechtfertigt sind.

"Tendenz zur Aufweichung der Monopole"
Den Anstoß für die am Donnerstag erwartete Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens gab dabei offenbar auch eine Beschwerde des österreichischen Rechtsanwalts Norbert Gugerbauer bei der EU.

Der Rechtsanwalt sieht europaweit "zweifellos die Tendenz zur Aufweichung der Glücksspielmonopole", auch in der Folge der Verhaftung der bwin-Vorstände in Frankreich. Das Ziel müsse eine kontrollierte Liberalisierung des Glücksspielmarktes mit einer strengen Aufsicht - etwa in Form eines Regulators - sein, meint der Rechtsanwalt.

Die angekündigte Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich zeige, dass die EU-Kommission den Eindruck gewonnen habe, dass das Glücksspielmonopol nicht dazu diene, die Spielleidenschaft und die Spielsucht einzudämmen, sondern offenbar nur dazu, gute Einnahmen zu erzielen, zumal der österreichische Glücksspielmonopolist Casinos Austria auch massive Werbung dafür betreibe.

Casinos Austria sehen Verfahren gelassen entgegen
Die Casinos Austria erwarten unterdessen keine Aufweichung des Monopols in Österreich und Europa und sehen dem angekündigten Vertragsverletzungsverfahren gelassen entgegen.

Der EuGH, der EU-Rat und auch die österreichischen Höchstgerichte würden sich seit Jahren eindeutig gegen eine Aufweichung des Glücksspielmonopols aussprechen und hätten das Monopol zuletzt immer wieder bestätigt, sagte Casinos-Austria-Generalbevollmächtigter Dietmar Hoscher am Dienstag.

Österreich sei zudem in der EU eines der liberalsten Länder in Bezug auf Glücksspiele, so seien etwa das kleine Glücksspiel und auch Sportwetten zugelassen. Neben Österreich habe nur Großbritannien in der EU den Sportwettenbereich liberalisiert, betonte Hoscher.

Grasser für mehr Konkurrenz
Unterdessen sprach sich Finanzminister Karl-Heinz Grasser für mehr Wettbewerb bei elektronischen Anbietern im Internet aus. Bei weltweiter Konkurrenz im Internet stelle sich die Frage: "Was macht ein Monopol in Österreich für einen Sinn?"

Er sei im Grunde gegen Monopole und Wettbewerbsbeschränkungen, versicherte der Finanzminister. Das Glücksspiel sei aber ein "sehr sensibler Bereich, wo man Spielerschutz und Ordnungspolitik im Vordergrund wissen muss". In diesem Spannungsfeld werde die Debatte verlaufen.

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