Gegen Werkstattwagen geprallt

Transrapid sprang aus der Bahn und hängt halb herab.
In Deutschland hat sich auf der Transrapid-Versuchsstrecke im niedersächsischen Lathen am Freitag ein schwerer Unfall mit Toten und zahlreichen Verletzten ereignet.

Ein mit rund 30 Besuchern besetzter Zug der führerlosen Magnetschwebebahn prallte in der Früh mit etwa 200 km/h auf einen Werkstattwagen der Versuchsanlage.

"Es hat Tote gegeben"
"Es hat Tote gegeben. Wie viele, wissen wir noch nicht", sagte ein Sprecher des Landkreises Emsland. Wie viele Menschen im Transrapid und in dem Werkstattzug verletzt wurden, konnte der Sprecher des Kreises Emsland, Dieter Sturm, nicht sagen. "Aber keiner dürfte ohne Blessuren davongekommen sein", sagte er.

Bisher wurde eine Leiche geborgen. Es würden aber noch weitere Todesopfer befürchtet, sagte der Sprecher. In dem Wrack des Transrapids sollen noch etwa zehn Menschen sein, über ihren Zustand teilte der Sprecher nichts mit.

Schwierige Bergung
Das Unglück ereignete sich auf offener Strecke zwischen Lathen und Melstrup. Die Bahn sprang laut Polizei aus der Spur. "Die Magnetschwebebahn hängt halb herab", sagte ein Polizeisprecher. Die Passagiere seien noch im Waggon.

Die Bergung der Verletzten aus der auf Stelzen stehenden Bahn gestaltet sich nach Polizeiangaben schwierig. Der stark zerstörte Zug selbst sei aber nicht heruntergestürzt, es seien aber zahlreiche Wrackteile heruntergefallen. "Die Rettungsarbeiten laufen auf Hochtouren", sagte ein Polizeisprecher. Mindestens 220 Rettungskräfte seien derzeit an Ort und Stelle, fünf Rettungshubschrauber bringen die Verletzten in umliegende Spitäler.

Dramatische Bilder
Auf Fernsehbildern waren zahlreiche Wrackteile und Kleidungsstücke der Opfer zu sehen, die an dem Unglücksort bei Lathen entlang der Trasse verstreut lagen. Das Dach der Magnetschwebebahn wurde offenbar bei dem Unfall aufgerissen.

Rettungskräfte bargen mit einem Kran die völlig zerstörte Arbeitsplattform, auf die der Zug mit Tempo 200 geprallt war. Nach einem Bericht des Senders N24 sollen die Opfer Angehörige von Mitarbeitern der Teststrecke sein, die wie viele andere Besuchergruppen eine Fahrt mit dem Transrapid unternommen hatten.

Knapp 32 km lange Teststrecke
Die Transrapid-Versuchsanlage Emsland (TVE) erstreckt sich mit ihrer Länge von 31,8 Kilometern zwischen den Gemeinden Dörpen und Lathen im niedersächsischen Emsland nahe der holländischen Grenze und gilt als derzeit größte Testanlage für Magnetschwebefahrzeuge in der Welt.

Die höchste auf der Versuchsstrecke erreichte Geschwindigkeit betrug 450 Kilometer pro Stunde.

Hersteller versprechen Klärung
Der Transrapid wird von einem Konsortium aus Siemens und ThyssenKrupp gebaut. Ein Siemens-Sprecher sagte, zunächst müsse nun der Unfall geklärt werden, bevor Rückschlüsse gezogen werden könnten. "Die Klärung läuft natürlich." Von ThyssenKrupp Technologies war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Minister bricht China-Reise ab
Der deutsche Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) brach seine China-Reise ab. Tiefensee sei "tief besorgt" und habe sofort entschieden, alle weiteren Termine in Peking abzusagen und noch am Freitagabend Ortszeit nach Deutschland zurückzufliegen, sagte sein Sprecher Dirk Inger der dpa. Tiefensee wolle sich an Ort und Stelle ein Bild von dem Unglück machen.

Konsortium unter Druck
Der Unfall kommt für das Herstellerkonsortium zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt: Die bisher einzige kommerzielle Strecke verbindet auf 30 Kilometern in Schanghai den Flughafen mit dem Finanzdistrikt. Erst vor wenigen Tagen hatte ThyssenKrupp damit gedroht, die Technologie nach China weiterzureichen, wenn nicht bald auch ein Referenzprojekt in Deutschland gebaut wird.

Bahn in München geplant
Nachdem die Pläne für die Verbindung Hamburg-Berlin auf Grund der enormen Kosten wieder in der Schublade verschwunden sind, sollte die Strecke vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen zum Prestigeprojekt werden.

Der Streit über die Finanzierung hatte das Projekt aber immer weiter hinausgezögert. Zuletzt hatte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) auf den schnellen Bau gedrängt: "Wir müssen das in den nächsten Monaten durchhauen". Ob er das nun auch noch so sieht, bleibt abzuwarten.

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