Benedikt XVI. "extrem betrübt"

Es gibt erste Drohungen gegen Papst Benedikt.
Nach zunehmenden Protesten in der islamischen Welt hat Papst Benedikt XVI. sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass seine Äußerungen zum Islam als Beleidigung aufgenommen worden sind.

Der Papst respektiere alle Muslime und hoffe, sie würden den wahren Sinn seiner Rede verstehen, hieß es am Samstag in einer Stellungnahme des Vatikans.

"Der Heilige Vater bedauert sehr, dass einige Passagen seiner Rede für Muslime beleidigend geklungen haben könnten", teilte der Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in einer Erklärung mit.

Vatikan: Bendedikt falsch interpretiert
Der Papst sei über das Missverständnis "extrem betrübt". Die Worte des Kirchenoberhauptes seien auf eine Weise interpretiert worden, die nicht seinen Absichten entsprochen habe.

Der Papst "wollte das Thema der Beziehung zwischen Religion und Gewalt in Angriff nehmen und seine Rede mit einer klaren und radikalen Verwerfung einer religiösen Begründung der Gewalt abschließen, von welcher Seite sie auch komme", heißt es in der Stellungnahme.

Überraschende Entschuldigung
Eigentlich war erwartet worden, dass Benedikt XVI. erst am Sonntag nach dem Angelusgebet in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo vor den Toren Roms das Wort ergreifen würde. Im Vatikan wurde erwartet, dass der deutsche Papst dann seine umstrittenen Ausführungen kaum zurücknehmen, sondern nur "erläutern" würde.

"Nur Schlechtes und Inhumanes"
Benedikt XVI. hatte während seines Besuchs in seiner Heimat Bayern bei einem Vortrag u. a. die Äußerung eines byzantinischen Kaisers zitiert, Mohammed habe "nur Schlechtes und Inhumanes" in die Welt gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte.

Quer durch die islamische Welt hagelte es seither massive Proteste, die Beobachter bereits an jene gegen die Mohammed-Cartoons in Dänemark vor neun Monaten erinnerten. Ob die nunmehrige Erklärung des Vatikans etwas daran ändert, darf bezweifelt werden.

Empörung hält an
Ungerührt von dem Ausdruck des Bedauerns zog etwa Marokko seinen Botschafter beim Vatikan zurück. In den Palästinensergebieten kam es zu Attacken auf fünf Kirchen. Bereits am Vortag hatte der muslimische Protest in zahlreichen offiziellen Akten seinen Ausdruck gefunden.

Ebenfalls am Samstag forderte auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan eine Entschuldigung von Benedikt XVI. Der Papst habe mit seinen "falschen, hässlichen und unglücklichen" Äußerungen "nicht wie ein Mann des Glaubens, sondern wie ein gewöhnlicher Politiker" gesprochen.

Schlechte Vorzeichen für Papst-Besuch
Auf die Frage, ob die Papst-Worte Auswirkungen auf den für November geplanten Türkei-Besuch hätten, sagte Erdogan, das wisse er nicht. Bereits zuvor waren in der Türkei Rufe nach einer Absage des Besuches laut geworden.

Der Vorsitzende des türkischen Religionsamtes, Ali Bardakoglu, hat das Bedauern des Vatikans über die umstrittenen Papst-Worte allerdings ausdrücklich begrüßt.

In verschiedenen Ländern hatten bereits zuvor Religionsvertreter von Beleidigung und Gotteslästerung gesprochen und eine Entschuldigung des Vatikans gefordert. Die Islamische Konferenz (OIC), der 57 Staaten angehören, warf dem Papst eine "Verleumdungskampagne" gegen den Islam vor.

Diplomatische Eiszeit
Die OIC kritisierte auf einer Tagung im saudi-arabischen Dschidda, der Papst habe Mohammed als "böse und unmenschlich" dargestellt. In einer Erklärung heißt es: "Die OIC hofft, dass diese Kampagne nicht der Prolog für eine neue Politik des Vatikans gegenüber dem Islam ist."

Auch Pakistan bestellte seinen Botschafter beim Vatikan ein. Das pakistanische Parlament forderte in einer Resolution darüber hinaus ebenfalls eine persönliche Entschuldigung des Papstes.

Iran: Missverständnis rasch klären
Um jegliche Missverständnisse in der islamischen Welt auszuräumen, forderte der Iran den Papst am Samstag auf, seinen Standpunkt zu Islam und Gewalt schnellstens zu revidieren. Dies sei nötig, um die "Solidarität innerhalb der Religionen" wieder herzustellen.

Zeitungen in Indien beschlagnahmt
Muslimische Gelehrte in Indien kritisierten die Äußerungen des Papstes als "unverantwortlich" und "blasphemisch". Teilweise wurden Zeitungen beschlagnahmt, in denen über die Äußerungen berichtet wurde, um so Unruhen zu verhindern. Dennoch kam es zu Protestdemonstrationen.

Auch in Ägypten, den Palästinensergebieten, Afghanistan, dem Irak, dem Libanon, Jordanien, Syrien, Kuwait und Katar übten muslimische Würdenträger und Organisationen harsche Kritik an den Papst-Äußerungen.

Sicherheitsmaßnahmen verstärkt
Im Vatikan wurden unterdessen die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. So solle es beim Angelusgebet Benedikts XVI. am Sonntag in der Sommerresidenz Castel Gandolfo bei Rom schärfere Kontrollen geben, berichtete das italienische Fernsehen am Samstagabend.

Es gebe Drohungen gegen das Kirchenoberhaupt, hieß es ohne weitere Details. Die italienischen Geheimdienste hätten auch auf mögliche Gefahren für italienische Soldaten im Ausland hingewiesen. Italien hat etwa im Irak, in Afghanistan und im Libanon Truppen stationiert.

Terror-Drohung gegen Vatikan
Im Internet tauchte am Samstagabend eine Botschaft der Gruppe Dschaisch el Mudschahedin - sie hat für mehrere Anschläge im Irak die Verantwortung übernommen - auf. Darin wird den "widerlichen Kreuzrittern" mit Anschlägen in Rom und auf den Vatikan gedroht.

In Somalia gebe es einen Aufruf zur "Jagd auf den Papst", berichtete wiederum das staatliche Fernsehen in Rom. Auch eine gegen den Vatikan gerichtete Videobotschaft von El Kaida soll aufgetaucht sein.

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