Der Kinderpsychologe Max Friedrich las den Brief der 18-Jährigen vor, in dem Natascha ein baldiges Interview mit Medien ausschließt.
Friedrich trat mit Vertretern des Innenministeriums vor die internationale Presse.
In dem Brief schildert sie, wie der Entführer sie behandelte: Er habe sie auf Händen getragen und mit Füßen getreten.
Alltag mit dem Peiniger
In dem Brief erzählt Natascha Kampusch über den Alltag mit ihrem Peiniger und die Beziehung zu Wolfgang Priklopil. Man habe gemeinsam gefrühstückt, sie habe Hausarbeiten erledigt, gekocht, ferngesehen und gelesen.
Ansonsten sei sie der Einsamkeit ausgesetzt gewesen. Ihr Raum war hinreichend eingerichtet, Priklopil habe ihn gemeinsam mit ihr am Beginn ihrer Entführung gestaltet. Es sei ihr Raum und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sagte Kampusch in der Mitteilung.
"Lasst mir Zeit, bis ich selbst berichten kann", schreibt Natascha Kampusch.
Keine intimen Details
Über persönliche Details im Zusammenleben mit Priklopil wolle sie keinesfalls berichten. "Ich bin mir durchaus bewusst, welch starken Eindruck die letzten Tage auf Sie gemacht haben müssen", zeigte sie Verständnis für das große Interesse der Öffentlichkeit. Sie wisse, wie "schockierend und beängstigend" der Gedanke an ihre Zeit in der Gefangenschaft sein muss.
Sie verstehe, dass ihr eine "gewisse Neugier" entgegengebracht werde. Aber sie werde keine Fragen über intime Details beantworten. Und sie werden jeden Schritt der Berichterstattung darüber ahnden.
"Alle wollen immer intime Fragen stellen, die gehen niemanden etwas an." Vielleicht werde sie einmal einer Therapeutin etwas darüber erzählen oder auch niemals - mehr dazu in wien.ORF.at.
"Natascha wusste, wo sie ist"
Generalmajor Gerhard Lang vom Bundeskriminalamt (BK) erklärte bei der Pressekonferenz, dass es noch zahlreiche offene Fragen zum Aufenthalt Nataschas in ihrem Verlies in Strasshof gebe.
Zu welchen Zeiten, wie oft und wie lange Natascha das Verlies verlassen durfte, sei Gegenstand der Erhebungen, ebenso, ob es dafür genaue Regeln gab.
Im Haus seien jedenfalls "Sicherungen" vorhanden, die eine Flucht zumindest erschwert hätten, sie würden untersucht. Die Entführte habe "vom ersten Tag an gewusst, wo sie ist", so Lang. Offenbar habe sich Kampusch am Anfang nur im Verlies aufgehalten, erst zu einem späteren Zeitpunkt gab es diesbezüglich Lockerungen.
Zweitätertheorie: Fragen noch offen
Nach Angaben von Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter, der den Fall seit Beginn betreut, laufen zwei gerichtliche Verfahren: In jenem gegen den verstorbenen Wolfgang Priklopil ist unter anderem das Obduktionsergebnis ausständig; das zweite richtet sich, basierend auf der Zeugenaussage eines damals zwölfjährigen Mädchens, Natascha sei von zwei Männern entführt worden, gegen unbekannte Täter.
Aus den bisherigen Gesprächen mit Kampusch habe sich die Zweitätertheorie noch nicht erhärten lassen, sagte Lang. Die Befragungen der 18-Jährigen sollen mit ihrem Einverständnis in den nächsten Tagen weitergehen.
Untersuchungen in Strasshof laufen weiter
Auch die Untersuchungen der Wohnung und des Kellers in Strasshof laufen weiter. Laut Lang hat die Polizei "auf Grund fehlender Baupläne keine Gewissheit, ob noch weitere Hohlräume" in dem Haus vorhanden sind.
Den Garten umzugraben sei vorerst nicht geplant, da es diesbezüglich keinerlei Verdachtsmomente gebe. Die DNA von Priklopil wird auch mit ausländischen Behörden abgeglichen.
Medien-"Hotline" des BK
Das BK hat für die Medienbetreuung eine "Hotline" eingerichtet. Die Medienvertreter wurden ersucht, Anfragen ausschließlich an die Wiener Telefonnummer 01/24836/85004 zu richten. Die "Hotline" stehe montags bis freitags täglich von 7.00 bis 19.00 Uhr zur Verfügung.
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