Bartenstein beauftragt Historiker mit Aufarbeitung

Bartenstein reagiert auf Zeitungsbericht zur NS-Geschichte seines Schlosses.
Dass das Schloss der Familie Bartenstein ein ehemaliges Außenlager des KZ Mauthausen war, hat ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, wie er am Freitag in einer Aussendung mitteilte, "tief betroffen" gemacht.

Bartenstein im Wortlaut
Bartenstein wörtlich: "Im Zuge eines 'Standard'-Gespräches wurde ich am 23. August erstmals mit Informationen konfrontiert, dass in Schloss Lannach, in dem ich mit meiner Familie seit 1980 wohne, von 1944 bis 1945 Frauen als Zwangsarbeiterinnen inhaftiert waren. Dabei habe das Schloss Lannach als 'Außenlager' des KZ Mauthausen beziehungsweise als 'Subkommando' des 'Kommandos' Schloss Mittersill fungiert."

"Diese für mich völlig neuen Informationen sind bedrückend und machen mich tief betroffen. Ich habe größtes Interesse an einer raschen und umfassenden Aufklärung der Vorgänge im Schloss Lannach von 1938 bis 1945, von denen mir bislang lediglich bekannt war,
dass bald nach dem Anschluss 1938 SS-Einheiten das Schloss requiriert haben und das Schloss erst nach einer Belegung durch britische Einheiten bis 1946 wieder an seinen Besitzer Kandler zurückging."

Bartenstein habe den Grazer Historiker Stefan Karner damit beauftragt, die Geschichte des Schlosses "lückenlos" aufzuarbeiten.

"Unwissen nicht nachvollziehbar"
Für den Wiener Zeithistoriker Bertrand Perz ist Bartensteins Unwissen nicht nachvollziehbar, schreibt "Der Standard", der den Sachverhalt am Freitag veröffentlicht hatte.

Perz schrieb gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Freund zwei Beiträge über die KZ-Außenlager Mittersill und Lannach für den vierten Band der Buchreihe "Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager" (Erscheinungstermin Oktober 2006).

Darin erfährt man, dass sich das SS-Institut für Pflanzengenetik, das Heinrich Himmler 1943 errichten ließ, in Schloss Lannach befand. Perz: "Es ist erstaunlich, dass bereits 1947 ein Unternehmen an diesem Ort eingerichtet wurde, das sich wieder unter anderem mit pflanzlichen Heilmitteln beschäftigt."

Familie stieg in den 50er Jahren ein
Bartensteins Vater stieg in den 50er Jahren in die 1947 gegründete Lannacher Heilmittel GmbH ein. 1966 hat sie sein Sohn übernommen.

15 Frauen in Lannach interniert
Dokumentiert ist, dass 15 Frauen in Lannach interniert waren. Sie waren zwischen 32 und 59 Jahre alt, kamen aus Polen, Deutschland sowie dem damaligen Protektorat Böhmen und Mähren und wurden in Lannach vor allem zu Reinigungsdiensten gezwungen. Eine der Frauen könnte auch in Lannach verstorben sein.

Wie soll es weitergehen?
Vertreter der Opferverbände fordern nun, dass die Geschichte des Schlosses bewusst gemacht wird. Ein Sprecher des Mauthausen-Komitees Steiermark verlangte "eine angemessene Form der Erinnerung" - etwa mit einer Gedenktafel.

Dazu sagte Bartenstein im "Standard", dass er über eine Gedenktafel noch "nachdenken" müsse.

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