Das Cover zierte damals Marilyn Monroe, das Heft erschien mit dem untertitelnden Hinweis "Die Zeitschrift für Film und Fernsehen".
Deutsche Sternchen
Mittlerweile wird auf dem Titelblatt meist Prominenz aus der zweiten Reihe abgebildet - die Zeitschrift konzentriert sich auf deutschsprachige Sternchen. Waren früher John, Paul, George und Ringo das Topthema des Teenie-Heftes, sind heute Sarah Connor und Tokio Hotel die Stars der Stunde.
Leitmedium für Pubertierende
Vor allem anderen ist "Bravo" eine Erfolgsgeschichte. Was in den 50er Jahren klein und optimistisch begonnen hatte, war später jahrzehntelang - bis Mitte der 90er - nicht bloß einer der Bestseller der Zeitschriftenwelt, sondern vor allem das Zentralorgan für Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren.
Dem Phänomen "Bravo" ist ein rechtzeitig zum Jubiläum erschienenes Nachschlagewerk gewidmet, in dem das deutsche Archiv der Jugendkulturen dem für viele überraschenden Erfolg des Teenie-Magazins auf den Grund geht.
Mainstream und Emanzipation
In den Anfangsjahren war "Bravo" noch Trendsetter. Bald jedoch schwenkte die Blattlinie auf die schlichte Bedienung von jugendlichen Konsumenten mit kommerziellen, bereits bestehenden Trends um.
Kernkompetenz von "Bravo" war die Europäisierung US-amerikanischer Kulturphänomene. Wen das Blatt im deutschsprachigen Raum zum Star machte, der war in den USA längst einer.
Dennoch gelang den Blattmachern der Spagat zwischen Verherrlichung des Mainstream und Förderung der Eigenständigkeit einer unterdrückten Jugend. Die Zeitschrift leistete gegen das Abstempeln von Rock 'n' Roll als "schmutzige und sexlastige Negermusik" Pionierarbeit. "Bravos" Anteil an der Emanzipation der Teenager kann kaum überschätzt werden.
Revolution im Kinderzimmer
Das Heft verstand sich selbst als Sprachrohr der Jugend und gab den Heranwachsenden das Gefühl, verstanden und in ihrer persönlichen Entfaltung unterstützt zu werden. Es bediente die Sehnsucht der Teenies von damals nach Spaß, Lässigkeit und Glamour.
"Deutschland war ein anderes, als die 'Bravo' erstmals erschien. Das Nachkriegsdeutschland war belastet und geprägt von einem konservativen Denken", erklärt der Chefredakteur des Magazins, Tom Junkersdorf. Das Erscheinen des Blattes sei einer kleinen Revolution gleichgekommen.
"Kann man von Petting schwanger werden?"
Einen Meilenstein in der Entwicklung des zunächst als bloßes Pop-Medium deklarierten Heftes setzte Ende der 60er Jahre die Reihe "Dr. Sommer", die zunächst unter dem Titel "Was Dich bewegt" erschien.
Mit noch nie da gewesener Offenheit beantwortete ein Team von Psychologen und Pädagogen Leserbriefe und Erfahrungsberichte von Jugendlichen zum Thema Sexualität.
"Hilfe, mein Glied wird steif" oder "Kann man von Petting schwanger werden?" - mit diesen Themen wandelte sich die Rubrik schnell zum meistgelesenen Teil des Heftes und zur Aufklärungsquelle Nummer eins für sexuell unerfahrene und unsichere Jugendliche.
Auch hier schaffte "Bravo" das, woran heute noch Zeitschriften scheitern: den Brückenbau zwischen offenkundigem Voyeurismus und einer tatsächlichen Hilfestellung, die ganzen Generationen als Grundlage für ihre sexuelle Verwirklichung diente.
Thema Nummer eins
Mit einer Mischung aus seichter Unterhaltung, Reportagen über ernste Themen, Information im Unterhaltungsformat, Unterhaltung unter dem Deckmantel der Information und beigelegten Goodies befriedigte "Bravo" Bedürfnisse, für die es bis dahin keine Befriedigung gegeben hatte.
Höhepunkte in der 50-jährigen Geschichte der Illustrierten wie die "Foto Love Story" und die Wahl zum "Bravo Girl" gewannen in Ermangelung eines adäquaten Pendants in anderen Medien an freizeitgestalterischer Wichtigkeit. Sie waren bis in die 90er hinein Gesprächsthema Nummer eins auf Pausenhöfen und in Schulklassen.
Donnerstag ist "Bravo"-Tag
Die legendären Starschnitte zierten damals die Zimmer jedes Jugendlichen, der sich ernsthaft als hip bezeichnen wollte. Die Poster in der Heftmitte waren die einzige Möglichkeit für Heranwachsende, an kinderzimmerwandtaugliche Abbildungen ihrer großen Idole zu gelangen.
Dem Heft beigelegte Songtexte, Sticker, Briefmarken und Sammelkarten der Stars waren für viele ein allwöchentlicher Höhepunkt. Donnerstags (dem Erscheinungstag der frischen Ausgabe) galt der erste Weg nicht der Schule, sondern der Trafik.
Lauwarmes Trendsetting
Bis in die 90er Jahre hinein war "Bravo" die Vorreiterrolle nicht streitig zu machen: Die "Foto Love Story" als Vorläufer der TV-Seifenoper, "Bravo TV" als Pionier des Musikfernsehens im deutschsprachigen Raum, die Ikonisierung junger Moderatoren und schließlich der "Bravo"-Otto als einer der ersten Publikumspreise in Deutschland waren einzigartig.
Dann jedoch hatte das Magazin merklich seinen Zenit überschritten. Die sich verändernde Medienwelt veränderte auch die Welt von "Bravo": Mit "Bravo Girl!", "Bravo Sport", "Bravo TV", dem "Bravo Hits"-Sampler und der Website Bravo.de versuchte das Heft Ende der 90er mit allen Mitteln, sich in das neue Jahrtausend und aus seiner hartnäckigen Krise zu retten.
Der dazugehörige Internet-Auftritt war zum damaligen Zeitpunkt einer der aufwendigsten und teuersten. Die Cross-Media-Strategie mutete jedoch etwas verkrampft an - die neuen Projekte mögen zwar nicht gescheitert sein, ein Erfolg waren sie dennoch nicht.
Verblasster Glanz
Den Glanz vergangener Tage hat "Bravo" längst abgelegt. Erzielten die Macher des Jugendmagazins in dessen besten Zeiten bis zu zwei Millionen Stück Auflage, erreicht "Bravo" heute gerade einmal 500.000 Leser pro Woche.
Zudem gehen der Zeitschrift die großen Stars aus. In den 60er Jahren war man auf den Beatles-Zug aufgesprungen, in den 80ern wurden TV- und Kino-Idole wie David Hasselhoff und Patrick Swayze gepusht, in den 90ern war das "Bravo" noch Marketing-Instrument Nummer eins von Take That.
Bei einer zunehmend fragmentierten Jugendkultur konzentriert sich die Zeitschrift heute auf hausgemachte Sternchen wie Jeanette Biedermann, Tokio Hotel und fragwürdig prominente "Big Brother"-Teilnehmer.
Der Krampf mit der "Internet-Generation"
"Bravo" muss mit einer alle fünf Jahre komplett wechselnden Zielgruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen fertig werden, die obendrein finanziell eine der schwächsten darstellt.
Mit der übermächtigen Konkurrenz von Internet, MTV, Viva und Co sind die Zeiten hart geworden für ein klassisches Printmedium, das im Grunde schon mit der zweiten "Internet-Generation" als Publikum leben muss.
Linda Wenka, ORF.at
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