Nataschas Reisepass gefunden

Narbe und Reisepass brachten endgültige Klarheit.
Einer der aufsehenerregendsten Kriminalfälle in der österreichischen Geschichte ist endgültig gelöst: Wie die Polizei Donnerstagfrüh mitteilte, handelt es sich bei der 18-jährigen Frau, die am Mittwoch aufgetaucht war, tatsächlich um Natascha Kampusch.

"Nach menschlichem Ermessen gehen wir davon aus, dass es sich um Natascha Kampusch handelt", hieß es bei einer Pressekonferenz im Bundeskriminalamt (BK).

©Bild: APA
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Die heute 18-Jährige hat an derselben Stelle eine Narbe wie das damals zehnjährige Mädchen. Außerdem wurde bei der Tatortbegehung in Strasshof, wo die Frau gefangen gehalten wurde, in einem Verlies Nataschas Reisepass gefunden. Das Ergebnis der DNA-Untersuchung steht noch aus.

Entführer wurde nachlässig
Ein lockerer Umgang mit dem Opfer dürfte dem 44-jährigen Entführer, dem Elektrotechniker Wolfgang Priklopil, zum Verhängnis geworden sein. "Er war nicht mehr so vorsichtig wie am Anfang", sagte Generalmajor Nikolaus Koch, der die Ermittlungen leitet. Priklopil nahm sich Mittwochabend auf der Flucht vor der Polizei das Leben.

Ob er Natascha Kampusch zum Einkaufen mitgenommen hat, ist noch Gegenstand der Ermittlungen. Sicher ist jedoch, dass er ab Frühling 2006 "offensiver und frecher geworden ist", sagte Koch.

"Günstigen Augenblick genützt"
"In einem Augenblick, der für sie günstig war, ist sie hinausgelaufen. Kurzfristig war sie nicht unter seiner Kontrolle", schilderte Koch.

Die Ermittlungen liefen die ganze Nacht hindurch weiter. Das Hauptaugenmerk war auf das Haus in Strasshof gerichtet. Die Spurensicherung war auch Donnerstagvormittag noch im Gange. Dabei wurden die Pässe von Natascha Kampusch und Priklopil gefunden.

"Penible Arbeit"
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"Wir wissen jetzt, wo die Frau untergebracht war, wie groß das Verlies war, wie penibel hier gearbeitet wurde", erzählte Koch. Das Verlies habe alle nötigen Einbauten wie Toilette und Bad, man könne dort wohnen.

"Wir hoffen, in nächster Zeit noch mehr Beweise zu diesem Fall zu finden", so Koch. Natascha Kampusch ist weiterhin in polizeilicher Betreuung. "Wir werden mit ihr diesen Kriminalfall Punkt für Punkt aufarbeiten."

Am Mittwoch sei sie noch nicht ausführlich befragt worden. "Wir haben sie gestern ausruhen lassen", sagte Koch.

Kampusch "in guter Verfassung"
Kampusch sei in guter Verfassung. Sie habe am Donnerstag bereits gefrühstückt. Und sie wisse, dass Priklopil tot ist, sagte Koch. Wie sie auf den Selbstmord ihres Peinigers reagiert hat, konnte der Ermittler nicht sagen. Das Motiv des Täters und ob er Kampusch sexuell missbrauchte ist Gegenstand der Ermittlungen.

Keine Beziehung zu Opferfamilie
Auf die Frage, ob Priklopil Komplizen hatte, sagte Koch, "man kann es weder aus- noch einschließen". Fest stehe jedoch, dass keine Beziehung zu der Familie von Natascha Kampusch bestand.

Für den Ermittler ein weiterer Hinweis, dass es sich bei dem 18-jährigen Mädchen um die Gesuchte handeln muss, war ein Gespräch mit der Entführten. Nataschas Vater hat den gleichen Nachnamen wie der Kriminalist: "Als ich zu ihr sagte: 'Mein Name ist Koch, ich suche Sie seit vier Jahren', sagte sie: 'Sie heißen ja auch Koch.'"

Entführer wurde 1998 überprüft
Der mutmaßliche Entführer war 1998 bereits kurz nach dem Verschwinden von Natascha Kampusch überprüft worden - mehr dazu in wien.ORF.at.

Familie bittet um Geduld
Die Familie wandte sich unterdessen mit einem Schreiben an die Medien. Darin ersucht sie die Presse um Geduld und Verständnis. Am Freitag werde es eine Ansprechperson für die Familie und vor allem für Natascha geben, die die Interessen der Familie vertreten werde, hieß es.

Auf Weg zur Schule verschwunden
Am 2. März 1998 war Natascha auf dem Weg in ihre Volksschule verschwunden. Eine Schulfreundin berichtete, Unbekannte hätten Natascha in ein Auto gezerrt. Doch auch die größte Suchaktion in der Geschichte der Wiener Polizei blieb ergebnislos - mehr dazu in wien.ORF.at.

TV-Hinweis
ORF2 widmet sich in einem "Thema spezial" am Donnerstag ab 20.15 Uhr dem Fall Kampusch.

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