Politische Krise beigelegt

Rivale Janukowitsch wird als Regierungschef nominiert.
Nach mehr als vier Monaten ist die schwere politische Krise in der Ukraine beendet: Staatspräsident Viktor Juschtschenko stimmte in der Nacht zum Donnerstag der Nominierung seines prorussischen Rivalen Viktor Janukowitsch für das Amt des Regierungschefs zu. Offen ist nun, welchen Kurs das Land künftig nehmen wird - und wie viel von der Orangen Revolution vor zwei Jahren noch übrig bleibt.

Janukowitsch gibt nach
Er habe beschlossen, die Kandidatur von Janukowitsch für den Posten des Ministerpräsidenten vorzuschlagen, sagte Juschtschenko nach stundenlangen Krisengesprächen im Präsidentenpalast in der Nacht zum Donnerstag im staatlichen Fernsehen.

Juschtschenko hatte die Ernennung seines Gegners, der 2004 durch die von ihm geführte Orange Revolution als Ministerpräsident gestürzt wurde, bisher abgelehnt.

"Einzigartige Chance"
Er wisse um die Schwierigkeiten seiner Entscheidung, betonte Juschtschenko. "Aber das ist eine einzigartige Chance, die beiden Seiten des Dniepr-Flusses zu vereinen", sagte der Präsident mit Blick auf die tiefe politische Spaltung zwischen dem prorussischen Osten und dem reformwilligen Westen des Landes.

"Wir haben eine gute Chance, dem politischen Krieg zu entkommen und uns wieder dem politischen Wettbewerb zuzuwenden."

Garantien gefordert
Der Entscheidung des Präsidenten waren stundenlange Krisengespräche vorangegangen, in denen Juschtschenko von seinem langjährigen Rivalen Garantien für die Fortsetzung des nach der Orangen Revolution eingeschlagenen prowestlichen Kurses erwirken wollte.

Prowestlicher Kurs fixiert?
In Kürze solle ein Abkommen mit Janukowitschs Partei der Regionen unterzeichnet werden, das die wichtigsten Linien der Innen- und Außenpolitik festlege, kündigte Juschtschenko an. Darin solle auch das Festhalten an dem prowestlichen Kurs bekundet werden.

Er sei sicher, dass es "keine weiteren Diskussionen" mehr geben werde, betonte der Präsident. Janukowitschs Partei stand bisher für eine betont prorussische Politik und widersetzte sich vor allem dem von Juschtschenkos Lager angestrebten NATO-Beitritt.

Vieles wird nun davon abhängen, ob es Juschtschenko gelingt, die Schlüsselpositionen der künftigen Regierung mit eigenen Leuten zu besetzen.

Janukowitsch stärkste Partei
Bei den Wahlen am 26. März hatte keine Formation die absolute Mehrheit erringen können. Das prorussische Bündnis vereint im Parlament rund 240 von insgesamt 450 Abgeordneten, davon stellt die Partei der Regionen 186 Mandate.

Besonders Juschtschenkos Verbündete aus den Tagen der Orangen Revolution, Julia Timoschenko, hatte sich vehement gegen eine Rückkehr Janukowitschs an die Macht ausgesprochen und stattdessen für eine Auflösung des Parlaments votiert.

Neue Wende selbst verschuldet
Juschtschenko und Timoschenko haben sich die jetzige Wendung allerdings großteils selbst zuzuschreiben. Bereits kurz nach der Revolution war es zu einem andauernden internen Grabenkampf gekommen, der das Land praktisch zum Stillstand brachte.

Viele der Anhänger, die sich eine rasche Verbesserung ihrer Lebenslage erwartet hatten, wandten sich enttäuscht wieder ab.

Und auch nach der Parlamentswahl, aus der Janukowitsch als Sieger hervorging, scheiterten Juschtschenko und Timoschenko beim Versuch, eine "orange" Regierung zu zimmern.

Bleibende Veränderungen
Auch wenn der künftige außenpolitische Kurs des Landes noch unklar ist - atmosphärisch hat die Revolution dauerhafte Veränderungen gebracht. Die Medien sind nun unabhängig und scheuen nicht vor offener Kritik an den Politikern zurück.

Selbst Janukowitsch passte sich den neuen Verhältnissen an. Er führte seinen Wahlkampf mit Unterstützung westlicher Manager und zierte seine Auftritte mit Rockbands. Der Verlierer der Revolution erkennt mittlerweile selbst die Verdienste der damaligen Gegner an: Die Ereignisse von 2004 "haben allen genützt".

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