Nun ist endgültig Schluss mit dem Stillhalten. Die Lenker der Billigflieger bekämpfen einander neuerdings wechselseitig mit Worten, sie arbeiten mit Unterstellungen und spielen mit Zahlen, um die Wettbewerber in ein schlechteres Licht zu rücken als sich selbst.
Scharfe Kritik an Air Berlin
Mitten im Getümmel ist Air Berlin, hinter Lufthansa der zweitgrößte deutsche Luftverkehrsanbieter. Seit seinem Börsengang vor einem Monat steht das Unternehmen noch stärker unter Beobachtung.
Andrew Harrison, seit einem halben Jahr Chef des britischen Konkurrenten easyJet, lässt kein gutes Haar am deutschen Rivalen: "Air Berlin ist klein, hat im vergangenen Jahr Verluste gemacht und keine Größenvorteile." Für O'Leary ist Air Berlin "zu 80 Prozent eine Chartergesellschaft mit viel zu hohen Kosten und viel zu hohen Preisen".
"Keine Ahnung vom Geschäft"
Das lässt der Chef des Hauptstadt-Unternehmens, Joachim Hunold, nicht auf sich sitzen. Wenn Harrison behaupte, Air-Berlin-Flüge seien im Durchschnitt 30 Prozent teurer als die von easyJet, dann zeige das, "dass er vom Fluggeschäft keine Ahnung hat".
Air Berlin habe ein ganz anderes Streckenprofil als easyJet, die Flugzeuge steuerten zum Beispiel die weit entfernten Kanarischen Inseln an, während sich der Konkurrent auf vergleichsweise kurze Strecken in Europa beschränke. Vergleichsmaßstab müsse der Umsatz pro Passagierkilometer sein, und da liege Air Berlin mit sechs Cent um einen Cent günstiger als easyJet.
Kampf um Deutschland
Für Hunold zeigen die Attacken, dass Ryanair und easyJet, die Nummern eins und zwei im europäischen Billigflugsegment, "uns momentan besonders im Fokus haben". "Anscheinend haben die Angst vor uns." In Deutschland hätten beide bisher "bei weitem nicht so Fuß gefasst, wie es von ihnen angekündigt wurde", stichelt Hunold.
Ryanair hat in Deutschland den Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz als Stützpunkt, ein zweites Drehkreuz ist in Lübeck geplant. Die irische Airline meidet große Flughäfen und spart damit Gebühren. EasyJet hat Berlin-Schönefeld zu seiner größten Basis außerhalb Großbritanniens gemacht.
Ryanair mit meisten Passagieren
Bei den Passagierzahlen liegen Ryanair (35 Millionen) und easyJet (30 Mio.) deutlich vor Air Berlin (13,5 Mio.). Hunold sieht das aber nicht als Nachteil. Mit einer Fokussierung auf Ziele in Spanien, mehr Flügen auf etablierten Routen für Geschäftsreisende und dem Ausbau des Streckennetzes in Skandinavien und Osteuropa habe man eine ganz eigene Wachstumsstrategie, so Hunold.
So will er seine Airline schon dieses Jahr aus der Verlustzone (2005: 116 Millionen Euro) führen. Für die angestrebte Expansion sei - anders als von easyJet dargestellt - nach dem Börsengang durchaus genug Geld da und sogar Beteiligungen an kleineren Fluggesellschaften möglich.
Air-Berlin-Aktien im Sinkflug
Für die neuen Aktionäre von Air Berlin ist das Engagement bisher eine Enttäuschung. Auf bis zu 9,35 Euro ist der Kurs bisher gefallen, das ist ein Minus von mehr als 20 Prozent zum Ausgabepreis von zwölf Euro am 11. Mai.
Tröstlich mag allenfalls sein, dass die Aktienmärkte zuletzt insgesamt einen Einbruch erlitten. Aber: Ryanair und easyJet haben im selben Zeitraum ihr Kursniveau bei einigen Schwankungen in etwa gehalten.
Bernd Röder, dpa
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