Sonne im Bunker

"Tag der offenen Tür" im Flakturm im Wiener Arenbergpark.
Was soll mit den Flaktürmen passieren? In Wien erregt diese Frage seit Jahrzehnten die Gemüter.

Im Turm im Esterhazy-Park schwimmen Haie und andere Meerestiere, der Augarten-Turm könnte ein Datenspeicher werden. Und einer der beiden Türme im Arenbergpark wird jetzt zum multimedialen Kunstspielplatz.

"Elektronische Mahnwache"
50 Künstler aus dem Umfeld der Akademie der Bildenden Künste sowie aus der Schweiz und aus Frankreich wollen den acht Etagen hohen Bau mit meterdicken Mauern von innen heraus wieder beleben und haben ihn mit eigens dafür geschaffenen Objekten und Installationen befüllt.

Ein Höhepunkt soll am Samstag "Concrete Noise" werden, eine "elektronische Mahnwache", bei der Elektronik- und Techno-Bands wie Cirque de Delay, Motorpitch und fm zombiemaus eine Etage des Turms bespielen.

Auseinandersetzung mit der Geschichte
Das Wiener MAK nutzt den Gefechtsturm im Wiener Arenbergpark bereits als Depot und vereinzelt als Ausstellungsfläche.

Bei der Schau im Leitturm - dort waren im Zweiten Weltkrieg die Feuerleitsysteme für das benachbarte Gebäude untergebracht - werden hingegen ausschließlich Installationen gezeigt, die in der konkreten Auseinandersetzung mit dem zwiespältigen Bauwerk entstanden.

"Haben Turm geöffnet"
"Tag der offenen Tür" nennt Kuratorin Frederike Schweizer ihr Projekt; ein Tag, der in diesem Fall zwei Wochen lang - noch bis 30. Juni - dauert.

"Wir haben das eigentlich geöffnet", erklärt Schweizer gegenüber ORF.at. Das Innere des nicht genutzten Turms war quasi verbarrikadiert: "Wir mussten elektrische Leitungen legen, alles öffnen, den Ort erschließen."

Lass die Sonne rein
Der Bunkercharakter des Turms ist eines der Leitmotive der Ausstellung. Maria Anwander lässt in "the sun is shining but not in this room" die Sonne hinein in den Bunker: Sie malt ein Fenster an die Wand, stellt einen Sessel ins Flakturminnere und besprüht ihn und den Boden so, als ob Außenlicht darauf scheinen würde.

Ganz ähnlich die Lichtprojektion von Eva Beierheimer, bei der Strahlen einer nicht vorhandenen Öffnung in den zwei Meter dicken Mauern an die Wand geworfen werden.

Politisch aufgeladen
Ein "sehr prächtiger, aber politisch aufgeladener Ort" sei der Turm, meint Schweizer - zu politisch für manche der eingeladenen Künstler, die letztlich absagten. Andere wiederum hätten "schon fast neutral" auf die Geschichte des Gebäudes reagiert, berichtet die Kuratorin: "Es war interessant zu sehen, wie die Leute darauf reagieren."

"Die einen waren wirklich im Ort drinnen und haben sich mit der Substanz auseinander gesetzt", so Schweizer weiter. "Die anderen waren eher sehr distanziert."

Zwischen Zerstörung und Schutz
Die NS-Führung ließ die beiden Ungetüme im Arenbergpark 1942 und 1943 errichten. Doch der militärische Nutzen der Flaktürme war schon kurz nach ihrer Fertigstellung fraglich. Wichtiger waren sie als Luftschutzraum und als Spitalsprovisorium. Mit dem Widerspruch zwischen Zerstörung und Schutz beschäftigen sich einige der "Tag der offenen Tür"-Künstler.

Sophie Dvorak bepflanzt etwa den Geschützstand mit Baldrianpflanzen - eine Anspielung darauf, dass der Codename der Nazis für die Arenbergpark-Türme "Baldrian" lautete.

"Viele Möglichkeiten"
Konkrete Pläne für eine permanente Bespielung hat Schweizer nicht, vorstellen kann sie sich die weitere Nutzung schon: "Es hat sich im Zuge der Arbeit herausgestellt, dass der Turm viele Möglichkeiten bietet."

Denkbar wäre für die Kuratorin etwa, den Turm mit "frischen Sachen" immer wieder neu zu bespielen und so eine Alternative zum MAK-Projekt zu bieten, das auf etabliertere Künstler setzt.

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