Mangels offizieller Mitteilungen reichte die Bandbreite der Spekulationen in den Medien von einem Fehlschlag der Operation bis hin zu einem Erfolg, durch den ein Chemie- oder Biowaffenschlag mit etlichen Toten verhindert worden sei.
Großrazzia mit Wissen Blairs
Nach Angaben der "Times" war die Großrazzia durch Hinweise auf einen Anschlag mit dem Giftstoff Zyanid ausgelöst worden.
Vor dem Einsatz von 250 Sicherheitskräften gegen die zwei Terrorverdächtigen in einer Wohnung am Freitag in Ost-London sei Premierminister Tony Blair persönlich durch die Chefin des Geheimdienstes MI5, Eliza Manningham-Buller, über die vermutete Gefahrenlage informiert worden.
Anthrax oder Nervengas
Boulevardblätter wie der "Daily Express" wollten von anderen Giftstoffen erfahren haben, darunter Anthrax. Die seriöse Zeitung "Daily Telegraph" berichtete, El-Kaida-Sympathisanten hätten einen Anschlag mit Nervengas nach dem Vorbild der Sarin-Attacke in einem Tokioter U-Bahnhof geplant, bei dem im März 1995 zwölf Menschen getötet worden waren.
Das Klatschblatt "Daily Mirror" wollte von Plänen für einen Giftbombenanschlag auf ein Pub während eines Spiels der Fußball-WM gehört haben.
Festgenommene beteuern Unschuld
Unterdessen ging die Durchsuchung des Freitagfrüh gestürmten Reihenhauses in dem Einwandererviertel Forest Gate intensiv weiter. Laut Polizeikreisen wurde weiter nach einer "schmutzigen" chemischen Bombe gesucht.
"Dort gibt es allerdings nichts zu finden", sagte aber die Anwältin Kate Roxburgh. "Mein Mandant ist völlig unschuldig." Sie vertritt den 23-jährigen Mohammed Abdul Kahar, der bei der Razzia angeschossen wurde.
Die Anwältin wies Presseberichte als falsch zurück, wonach ihr Mandant nicht von einem Polizisten, sondern bei einem Handgemenge mit Sicherheitskräften versehentlich von seinem eigenen Bruder angeschossen worden sei. Das hatte am Sonntag die Boulevardzeitung "News of the World" gemeldet.
Nur bis Mittwoch in Gewahrsam?
Auch der Anwalt des 20-jährigen Abul Koyair betonte, beide Brüder hätten bei Verhören durch die Polizei mehrfach ihre Unschuld beteuert. "Sie sind gläubige Muslime, aber sie sagen, dass sie Gewalt und Terrorismus aus Überzeugung ablehnen."
Ein Richter erlaubte der Polizei, die beiden Terrorverdächtigen zunächst bis Mittwoch festzuhalten. Ein Anwalt eines der Verdächtigen erklärte, ihm seien keine Einzelheiten über die angeblichen Anschlagpläne mitgeteilt worden.
"Konkrete Hinweise"
Die Polizei verwies auf noch laufende Ermittlungen. Der Chef der Anti-Terror-Spezialeinheit von Scotland Yard, Peter Clarke, hatte am Freitag erklärt, der Polizeieinsatz sei auf Grund glaubwürdiger konkreter Hinweise auf eine erhebliche Gefahr erfolgt. Seither gab es dazu bis Sonntagnachmittag keine Behördenangaben mehr.
Belauschtes Gespräch als Quelle
Die "Times" berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, die Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag mit Hilfe einer "schmutzigen Bombe" habe ein Bekannter der beiden Männer aus Bangladesch geliefert. Der Informant habe angegeben, ein Gespräch der Verdächtigen belauscht zu haben.
Dabei sei es darum gegangen, wie sie ein Behältnis mit Explosivstoffen füllen würden. Später seien Hinweise hinzugekommen, dass der Sprengkörper mit Zyanid umgeben werden sollte, wodurch im Falle einer Explosion eine "toxische Wolke" über einem größeren Gebiet erzeugt worden wäre.
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