Der revolutionäre Jazztrompeter Miles Davis wäre am Freitag 80 geworden, und im September jährt sich sein Tod zum 15. Mal: Fast möchte man meinen, dass 2006 so etwas wie ein Davis-Jahr ist.
Und doch hält sich die öffentliche Aufmerksamkeit rund um die Musiklegende in Grenzen. Dabei bestimmt sein Einfluss den Jazz bis heute.
Hollywood-Film geplant
Immerhin kommen rund um die Eckdaten etliche CD-Neuerscheinungen auf den Markt. Internationale Musikstars arbeiten an einem Davis-Remix-Projekt ("Evolution Of The Groove"). Im Herbst soll eine Live-DVD erscheinen.
In Hollywood ist eine Davis-Filmbiografie in Arbeit, in der Don Cheadle den Trompeter spielen soll. Und als einer der wenigen Jazzmusiker wurde Davis jüngst in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen.
Neue Boxsets
Fast schon wie bei den Beatles und bei Elvis wirkt der ständige Strom neuer, immer obskurerer Veröffentlichungen.
Neu auf dem Markt sind heuer Boxsets mit den kompletten Aufnahmen der "Cellar Door Sessions" - einer Konzertreihe im Jahr 1970, als Davis gerade Rock und Funk entdeckte -, mit frühen Live-Mitschnitten aus den 40er Jahren ("From Cool To Bop") und mit den Aufnahmen seines ersten Quintetts ("The Legendary Prestige Quintet Sessions").
Die wichtigsten Ensembles
Damit sind die drei wichtigsten Phasen im Werk des Trompeters abgedeckt, der weniger durch seine Technik bestach als durch seinen Mut zur Erneuerung und als "Master of Ceremony" im Hintergrund einige der wichtigsten, bis heute einflussreichen Formationen der Jazzgeschichte gründete und leitete.
"Blitzschlag der Inspiration"
Davis' Karriere begann mit einem "Blitzschlag der Inspiration" im Juli 1944, wie der Musiker später schwärmte. Die berühmte Big Band von Billy Eckstine besuchte damals St. Louis.
Eigentlich hätte sie im ausschließlich von Weißen besuchten Club "Plantation" spielen sollen; doch Eckstine wagte es, durch die Vordertür und nicht durch den für Schwarze vorgesehenen Hintereingang einzutreten, bekam sofort Hausverbot und spielte im schwarzen "Riviera Club". Dort im Publikum: der damals 18-jährige Davis.
"Ich kam während meiner Karriere immer nah dran, das Gefühl dieser Nacht aus dem Jahre 1944, als ich Dizzy Gillespie und Charlie Parker zum ersten Mal hörte, noch einmal aufleben zu lassen", meinte er später, "aber wirklich geschafft habe ich es niemals."
Schon in der Schulband "cool"
Davis, Sohn eines wohlhabenden Zahnarztes und Landbesitzers im US-Bundesstaat Illinois, spielte seit seinem 13. Lebensjahr Trompete. Schon in der Schulband entwickelte er Ansätze für seinen so charakteristischen "coolen" Stil.
Bald fand er in St. Louis seine ersten Engagements und spielte zusammen mit dem Saxophonisten Charlie Parker. 1945 zog er zum Besuch der renommierten Juillard School of Music nach New York, wo er jede freie Minute in den Clubs der 52. Straße, Manhattans damaliger Jazz-Avenue, verbrachte.
Zusammenarbeit mit Gil Evans
1948 traf der Musiker den Arrangeur und Produzenten Gil Evans, mit dem er fast vier Jahrzehnte lang zusammenarbeitete. Die "Birth of the Cool"-Sessions von 1949 und 1950 gelten als die Geburtsstunde des Cool Jazz, den Davis wie kein anderer bestimmte.
Kritiker streiten noch heute über den damals revolutionären Stil. Zu den populärsten Plattenaufnahmen des Musikers gehören "Porgy und Bess", "Miles Ahead" und "Relaxin".
Jazz trifft Rock
Ende der 60er Jahre experimentierte er dann damit, Jazz und Rock zu verbinden. Davis zog es zu Gegenkultur-Ikonen wie Jimi Hendrix und Sly Stone - die Musikrichtung Fusion war geboren. Das Fusion-Doppelalbum "Bitches Brew" von 1970 wurde in der Rekordzahl von mehr als 400.000 Exemplaren verkauft.
Letztes Hip-Hop-Album fiel durch
In den 80er Jahren probte der durch Drogenexzesse gebeutelte "Genius des Jazz" sein letztes Comeback. Immer noch in der Hoffnung, schwarze Jugendliche ansprechen zu können, erarbeitete er zusammen mit Easy Mo Bee ein Hip-Hop-Album.
"Doo-Bop" kam 1991, kurz nach dem Tod von Davis, auf den Markt und wurde von vielen Kritikern lapidar als "kommerziell" verteufelt.
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