Ein Bruderzwist in Franken

Adidas und Puma entstanden aus einem Bruderzwist.

  Die kleine Stadt Herzogenaurach unweit Nürnbergs ist heute so etwas wie das heimliche Mekka der Sportindustrie. Der Grund: Gleich zwei Weltkonzerne haben dort ihren Sitz bzw. es begann dort deren Geschichte.

Adidas und der kleinere Puma-Konzern haben eine besondere Vergangenheit. Es war der Streit von zwei Brüdern, der zum Entstehen dieser heute auf dem Weltmarkt überall präsenten Marken führte.

Söhne einer Schuhmacherfamilie

Adolf und Rudolf Dassler entstammen einer Herzogenauracher Schuhmacherfamilie. Wenige Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs fertigte der sportbegeisterte Adi Dassler die ersten seriengefertigten Laufschuhe. Das Grundmaterial für die Sportschuhe waren am Anfang Lederabfälle.

Der Tüftler und der Kaufmann

Die beiden Brüder schienen einander gut zu ergänzen. Zum tüftlerischen Geschick von Adi Dassler gesellte sich das kaufmännische Talent des älteren Bruders Rudolf. Die Familie baute eine Fabrik und an die Fabrik ein großes Familienwohnhaus, in dem auch noch die Eltern Platz fanden.

Gute Geschäfte in der Nazi-Zeit

Die Machtergreifung der Nazis ließ die Geschäfte der Familie Dassler florieren. Vom Sportkult des Nationalsozialismus sollten sie profitieren.

Beide Brüder waren, wie der jüngst erschienene Band der Wirtschaftsjournalistin Barbara Smit ("Drei Streifen gegen Puma") zeigt, von Anfang an Mitglieder der NSDAP.

Vertrag mit Jesse Owens

Adi Dassler, so wird berichtet, scheint sich aber über so manche Grenzen des Regimes hinweggesetzt zu haben. So begeisterte sich Dassler im Zuge der Olympischen Spiele 1936 in Berlin für die schwarze Läuferlegende Jesse Owen und bekam diesen ebenso unter Vertrag wie manchen Sportler des "Dritten Reiches".

Kriegsdienst bringt den großen Streit

Mit dem Zweiten Weltkrieg begann der große Streit der ungleichen Brüder. Dass Adi Dassler rasch vom Kriegsdienst freigestellt wurde, um sich dem Familienbetrieb widmen zu können, verzieh ihm sein Bruder Rudolf an der Front nicht.

Gegenseitige Denunziationen

Eine Serie von gegenseitigen Beschuldigungen, von denen auch das Buch nur gerüchteweise berichten kann, begann. Dass Rudolf nach dem Krieg in ein Internierungslager kam, meinte er der Denunziation seines Bruders Adi zu verdanken.

Adi Dassler selbst begann rasch nach dem Krieg für die Amerikaner zu arbeiten - Eishockey-Schuhe waren gefragt, und Dassler schaffte es bald, seine Produktion entsprechend umzustellen.

Kurzzeitig "belastet"

1946 wurde auch Adi Dassler als "Belasteter" eingestuft, sein mittlerweile freigelassener Bruder Rudolf belastete Adi zusätzlich im Entnazifizierungsausschuss. Am Ende war Dassler für das Gremium doch nur Mitläufer und wurde freigelassen.

Die ganze Familie Dassler war 1946 gespalten, die Aufteilung der gemeinsamen Firma unausweichlich. Wer in dem Prozess welche Schuld trug, kann auch das Buch nicht klären. Deutlich wird: Mit Rudolf und Adi Dassler sind zwei zu unterschiedliche Charaktere am Werk, als dass sie unter einem Firmendach Platz hätten.

Getrennte Wege

Adi Dassler behielt die Maschinen, zu Rudolf gingen die meisten Arbeiter. Beide Brüder ließen ihre Firmen rasch registrieren. Adi Dassler kam über Umwege auf den Namen adidas und die drei Streifen (die man am Anfang "Riemen" nannte), Rudolf Dassler schuf die Marke Puma mit dem Raubtier als Logo (den Namen "Ruda" in Analogon zur Marke des Bruders hielten viele für nicht zugkräftig genug).

Fortan galt Herzogenaurach als geteilte Stadt -
auf der einen Seite des Flusses adidas, auf der anderen Seite Puma. "Der Ort wurde als Stadt des gesenkten Blicks bekannt", schreibt Smit: "Die Leute achteten sehr genau darauf, welche Schuhe der andere trug, bevor sie ein Gespräch anfingen."

Schillernde Namen

Das Buch erzählt freilich nicht nur die Geschichte der beiden Brüder, sondern auch den Weg, wie beide Firmen heute, in unterschiedlichen Dimensionen zwar, Weltkonzerne wurden.

Viele bekannte Namen tauchen auf: Bernard Tapie, Robert Louis Dreyfus, Rene Jäggi - die Stadt, an der die internationalen Fäden immer wieder zusammenlaufen, blieb Herzogenaurach.

Das Buch

Barbara Smit, Drei Streifen gegen Puma. Campus Verlag, 25,60 Euro.

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