Lepper und Giertych

Die wohl umstrittensten Politiker Polens sitzen nun in der Regierung.

  Vor allem zwei Männer in der neuen polnischen Regierung lösen heftige Kontroversen aus: Andrzej Lepper, Gründer und Chef der populistischen Partei Samoobrona (Selbstverteidigung), und Roman Giertych, Chef der ultrakatholischen Liga Polnischer Familien (LPR). Und beide bekleiden nun das Amt des Vizeregierungschefs.

Schweinezüchter und Boxer

Vom Schweinezüchter und ehemaligen Boxer zum Landwirtschaftsminister - Lepper hat in den vergangenen Jahren einen weiten Weg zurückgelegt. Anfangs wollten viele den 51-Jährigen nicht ernst nehmen, doch der mittlerweile stets solariumsgebräunte und elegant gekleidete Lepper zeigte es seinen Kritikern.

1991 gründete er als Bauernführer die Gewerkschaft Samoobrona, ein Jahr später die gleichnamige Partei. 2001 zog er erstmals als Abgeordneter ins Warschauer Parlament - fünf Jahre später ist er nun stellvertretender Regierungschef und Minister.

Markige Parolen

In der Vergangenheit machte Lepper vor allem mit markigen Parolen und Aktionen auf sich aufmerksam: So bezeichnete er Polens damaligen Präsidenten Aleksander Kwasniewski als "Polens faulsten Mann", Zentralbankchef Leszek Balcerowicz als "ökonomischen Idioten", lehnte Polens EU-Beitritt ab, zollte Hitlers Arbeitsmarktpolitik Anerkennung und wünschte dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko lebenslange Regentschaft.

Wegen seiner gewaltsamen Proteste, Pöbeleien und Beschuldigungen anderer Politiker wurde Lepper mehrfach von Gerichten verurteilt.

Langsame Mäßigung

Mittlerweile schlägt er moderatere Töne an, auch gegenüber der EU. Außerdem präsentiert er sich als "Sozialliberaler". Er sei für eine soziale Marktwirtschaft mit Betonung auf sozial, versichert Lepper jetzt gerne.

Er sei ja selbst "Kapitalist", schließlich sei er Besitzer eines 300 Hektar großen Betriebes. Fraglich ist, ob Lepper von seinen gemäßigteren Positionen tatsächlich überzeugt ist oder nur sein nächstes Ziel im Auge hat: Eines Tages möchte er polnischer Präsident werden.

Wegen Verleumdung verurteilt

Vor einigen Tagen erreichte Lepper allerdings eine Hiobsbotschaft. Ein Warschauer Berufungsgericht bestätigte am Montag ein Urteil gegen ihn aus dem Jahr 2001. Lepper wurde damals zu einer Bewährungsstrafe von 15 Monaten verurteilt, weil er im Parlament fünf Politiker anderer Parteien verleumdet hatte.

Giertych aus einschlägiger Familie

In der Familie des neuen Vizeregierungschefs und Bildungsministers Giertych hat der Nationalismus eine lange Tradition. So war sein Großvater Jedrzej Giertych vor dem Zweiten Weltkrieg einer der Gründer der rechtsextremen Partei und bekannt für seine anti-deutschen, anti-semitischen und pro-russischen Positionen.

Vater Maciej ist ein flammender Anti-Europäer mit Sitz im Europäischen Parlament, der in seinem Wahlkampf vor allem mit der Forderung nach einem EU-Austritt Polens punktete. Wie Vater und Großvater lehnt der 35-jährige Roman Homosexualität, Sterbehilfe und Abtreibung ab.

Unterstützung von Radio Maryja

Der gelernte Jurist stammt aus der westpolnischen Stadt Srem und gründete 1989 die polnische Jugendbewegung, die seither berüchtigt ist für ihre Aktionen gegen homosexuelle und feministische Demonstrationen.

Im Jahr 2001 schaffte er erstmals den Sprung ins Parlament - mit großer Unterstützung des erzkatholischen und umstrittenen Senders Radio Maryja, dessen Programm von ultra-katholischen, nationalistischen und oftmals antisemitischen Ansichten geprägt ist.

Gegen die EU

Wie sein Kabinettskollege Lepper forderte er im Wahlkampf die Neuverhandlung des EU-Beitrittsvertrages und sprach sich gegen Euro aus. Außerdem will er die Unabhängigkeit der polnischen Zentralbank beschneiden - Positionen, die Brüssel und der Europäischen Zentralbank nicht gefallen dürften, bei vielen Polen aber durchaus ankommen.

So verschafften die Wähler der Liga Polnischer Familien bei der Parlamentswahl vom September 27 der 460 Sitze im Unterhaus - und damit nun auch einen Platz am Kabinettstisch.

Links:

 
  ORF.at