Die Karibikgeschäfte der BAWAG reichen bis ins Jahr 1988 zurück. Nun bringen sie die Gewerkschaftsbank ins Straucheln.
Mai 1994: Sechs Jahre nach Start des Engagements muss sich die BAWAG aus umstrittenen (karibischen) Sondergeschäften zurückziehen.
Der Vorwurf: "Vater-Sohn-Geschäfte" - Partner der Bank ist Wolfgang Flöttl, Sohn des BAWAG-Generaldirektors Walter Flöttl, der mit BAWAG-Geldern in (Schilling-)Milliardenhöhe riskante Geschäfte über Firmen in Steueroasen betrieben haben soll.
Herbst 1995: Die BAWAG nimmt unter dem neuen Generaldirektor Helmut Elsner diese Geschäfte wieder auf.
Oktober 1998: Die BAWAG gründet ein Joint Venture mit dem US-Broker Refco für Handel an europäischen Terminbörsen.
Mai 1999: Die BAWAG steigt mit zehn Prozent bei Refco ein.
Herbst 2000: Flöttl jun. hat sich mit Asien-Swaps über mehrere hundert Millionen Euro verspekuliert. Die BAWAG sitzt auf einer uneinbringlichen Verlustsumme von knapp einer Milliarde Euro und hat ein Bilanzierungsproblem.
Der ÖGB muss mit einer Garantie einspringen. Erst dann gibt es das fürs Bankgeschäft unerlässliche Wirtschaftsprüfertestat (Bestätigungsvermerk). Im Aufsichtsrat weiß nur der Präsident davon.
Juni 2004: Die BAWAG verkauft ihre zehnprozentige Refco-Beteiligung an das US-Investmenthaus Thomas Lee Partners, Preis laut Medienberichten 220 Mio. Dollar.
Mai 2005: Refco berichtet im Vorfeld des sommerlichen Börsengangs über Nachricht der US-Börsenaufsicht SEC zu Ermittlungen und möglicher Anklage wegen Spekulationen.
11. August: Börsengang von Refco.
7. Oktober: Phillip Bennett wird (laut späterem Medienbericht) von den Refco-Gremien mit dem Vorwurf konfrontiert, 430 Mio. Dollar (359 Mio. Euro) an faulen Krediten vor dem Unternehmen verschleiert zu haben.
8. Oktober: Bennett wird die Zutrittsberechtigung zur Firmenzentrale entzogen.
9. Oktober: Sonntägliche Vorstandsberatungen in der BAWAG in Wien zur Kreditvergabe.
10. Oktober: Der BAWAG-Kredit wird ausgezahlt. Kurz danach gibt Refco offiziell die Freistellung von Bennett bekannt. Refco-Bilanzen seit 2002 seien nicht verlässlich.
Der Aktienkurs bricht ein auf 15,60 Dollar - die Folge: 1,65 Mrd. Dollar Verlust an der Börse.
12. Oktober: Bennett wird wegen Verdachts auf Wertpapierbetrug vorübergehend verhaftet. Der Aktienkurs stürzt weiter ab auf 10,85 Dollar.
13. Oktober: Refco stoppt Geschäfte seiner Kapitalmarkt-Tochter wegen akuten Liquiditätsmangels.
14. Oktober: Handel mit Refco-Aktien an New Yorker Börse wird ausgesetzt.
16.Oktober: Die BAWAG P.S.K. räumt ein, durch Kreditlinien von 425 Mio. Euro betroffen zu sein. Vorsorge für "praktisch auszuschließende Maximalbelastung" wurde getroffen.
17. Oktober: Die BAWAG P.S.K. bestätigt, dass der Kredit voll ausgeschöpft wurde.
18. Oktober: Die New Yorker Börse nimmt Refco rund zwei Monate nach dem Börsengang vom Kurszettel. Am Abend dann die Nachricht: Refco-Gruppe insolvent, unter Gläubigerschutz nach Chapter 11.
21. Oktober: Die Finanzmarktaufsicht (FMA) zieht eine Sonderprüfung vor. Vor-Ort-Prüfung ab sofort. Alle Großkreditvergaben (insbesondere Refco) werden behördlich durchleuchtet.
11. November: Die FMA leitet ein behördliches Ermittlungsverfahren ein.
16. November: Die BAWAG P.S.K. klagt Refco und Bennett. Vorwürfe: Betrug, Bereicherung, Irreführung. Die Bank verlangt die Rückzahlung einer Kreditsumme von 350 Mio. Euro. Auch die Staatsanwaltschaft ist bereits eingeschaltet.
17. November: BAWAG-Chef Zwettler erklärt seinen Rücktritt per Jahresende. AR-Chef Weninger betont erneut, bei der Kreditvergabe sei keine Verletzung der Sorgfaltspflicht in der Bank vorgelegen.
24. November: Professor Ewald Nowotny wird vom Aufsichtsrat zum neuen BAWAG-Generaldirektor ab 1. Jänner bestellt. Die Amtsperiode des Zwettler-Nachfolgers soll bis Frühjahr 2008 dauern.
6. Dezember: Die FMA stellt das behördliche Ermittlungsverfahren gegen die BAWAG ein. Die BAWAG habe die bisherigen Anregungen der FMA "vollständig" übernommen. Bis Ende März soll die Bank die aufgetragenen Reformschritte umsetzen.
30. Jänner: Die Ratingagentur Moody's senkt das Rating der BAWAG vor dem Hintergrund des Kreditfalls Refco von A2 auf A3.
21. Februar: Die BAWAG kündigt eine Neustrukturierung der Vorstandsagenden an: Das neue Ressort für alle Risikoagenden wird von Generaldirektor-Stellvertreter Stephan Koren geleitet.
15. März: US-Ermittler sind laut Medienberichten in der Kriminalaffäre Refco auf Offshore-Konten einer Refco-Tochter auf den Bermudas gestoßen.
Eigentümer von "Phantom-Papieren" von Refco in Höhe von 525 Mio. Dollar sollen sechs auf der Karibik-Insel Anguilla ansässige Firmen sein. Die BAWAG soll Aktien an den karibischen Gesellschaften halten.
17. März: BAWAG-Chef Nowotny informiert die Finanzmarktaufsicht über die spekulativen Karibik-Geschäfte.
24. März: BAWAG-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger gibt bekannt, dass die Bank Ende 2000 hohe Verluste durch die Karibik-Geschäfte hatte, der ÖGB habe daher Haftungen übernommen.
25. April: Die Gläubiger des insolventen US-Brokers Refco suchen bei einem US-Gericht um die Erlaubnis an, mehr als 1,3 Mrd. US-Dollar (rund eine Mrd. Euro) von der BAWAG einzufordern.
Sie werfen der BAWAG aktive Beihilfe zum Bilanzbetrug von Refco-Chef Bennett vor. In einer einstweiligen Verfügung wird anschließend die Sperre des gesamten BAWAG-Vermögens in den USA verfügt.
28. April: ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer muss eingestehen, dass auch der ÖGB direkt in die Refco-Affäre verwickelt ist. Demnach war die von der Vermögensverwaltung des ÖGB gegründete Stiftung namens Desana indirekt als Kreditgeber tätig und erhielt dafür als Sicherung Anteile von Refco.
1. Mai: Der Bund sowie Österreichs Großbanken und zwei Versicherungen helfen bei der schwer angeschlagenen Bank mit einer Finanzspritze und einer befristeten Staatshaftung aus. Zeitgleich kommt es in New York zu einer vorläufigen Einigung mit den Gläubigern des insolventen US-Brokerhauses Refco - eine Klage ist damit vorerst abgewendet, der erwünschte Vergleich steht noch aus.
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