Martin Amis wird gern als "Skandalautor" bezeichnet; noch vor ein paar Jahren sorgte der britische Romancier und Essayist mit seinem Band "Koba the Dread" über Stalin, Sozialismus und Linksintellektualismus für Wirbel.
Sein letzter Roman "Yellow Dog" (2003) wurde von der Kritik hingegen verrissen oder gar mit Gleichgültigkeit hingenommen. Jetzt kündigte der Brite einen Kurzgeschichtenband an, der seinem Image als Provokateur wieder einen neuen Schub verpassen könnte.
Was Atta vor 9/11 machte
Laut einem Bericht des britischen "Independent" enthält "House of Meetings" eine Novelle desselben Titels über ein Liebesdreieck zwischen zwei Brüdern und einem jüdischen Mädchen in Russland nach den Zweiten Weltkrieg.
Doch tatsächlich Aufsehen erregen wird die erste der daran angehängten Kurzgeschichten: In "Die letzten Tage des Mohamed Atta" beschreibt Amis, was der Pilot der ersten Maschine, die am 11. September 2001 ins World Trade Center flog, seiner Ansicht nach in den Tagen und Stunden vor dem Terroranschlag unternahm.
Grundloser Umweg?
Atta, der inzwischen als Anführer der 9/11-Terroristen betrachtet wird, fuhr gemeinsam mit einem Begleiter einen Tag vor den Attentaten von Boston nach Portland im US-Bundesstaat Maine, übernachtete dort in einem Motel und fuhr am nächsten Tag wieder zurück nach Boston. Warum er diesen Umweg machte, ist bis heute nicht geklärt.
"Amis liefert Begründung"
"Amis liefert eine Begründung für Attas unbekümmerten Abstecher und für andere Leerstellen in der 'Flugzeug-Operation'", heißt es in einer Aussendung des Verlags Jonathan Cape.
"Wir folgen Atta an diesem Tag: von seinem frühmorgendlichen Erwachen in einem billigen Hotelzimmer in Portland bis 8.46 Uhr [dem Zeitpunkt des Einschlags, Anm.] - und darüber hinaus."
Diktator-Double muss an Orgien teilnehmen
Zündstoff birgt auch eine weitere Kurzgeschichte, deren Hauptfigur das Double des Diktators einen Nahost-Staates ist - eine offensichtliche Anspielung auf Saddam Hussein.
In der Amis-Geschichte hat der Doppelgänger zwei Aufgaben: Er muss alle Wunden, die seinem Chef bei diversen Attentaten zugefügt werden, an seinem eigenen Körper exakt kopieren; und er muss an Folter- und Sexorgien teilnehmen, die zum Amüsement des Diktators auf Video aufgenommen werden.
Mit dem Buch knüpfe Amis an seine zentralen Themen an, ließ der Verlag verlauten: "Das Wesen der Männlichkeit und die Verbindung zwischen männlicher Sexualität und Gewalt."
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