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Was uns die "Zauberflöte" sagen will.
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Die "Zauberflöte" fasziniert seit mehr als 200 Jahren Musikliebhaber. Das weltbekannte Singspiel gilt als eine der meistgespielten und auch meistbehandelten Opern der Welt. Rätsel geben seit geraumer Zeit die Handlung und die dahinter stehende Symbolik des erstmals 1791 aufgeführten Bühnenwerkes von Wolfgang Amadeus Mozart und seinem Librettisten Emanuel Schikaneder auf. "Zauberflöte" revisited Der bekannte Ägyptologe Jan Assmann sieht nun das Mysterium der "Zauberflöte" als geklärt an. In seinem jüngsten Buch "Die Zauberflöte - Oper und Mysterium" entschlüsselt Assmann die Oper. Stück für Stück seziert er das Musikdrama, um den Kern von Mozarts populärster Oper freizulegen. Assmann überrascht mit einer neuen Sichtweise. Die Zauberflöte sei den damaligen Rezipienten vollkommen klar gewesen, Mozarts Zeitgenossen fanden sich im dem Stück quasi organisch zurecht. Was verloren ging Das Wissen sei nur verloren gegangen. Spätere Inszenierungen hätten einfach dieses Wissen nicht mehr gehabt und die Zauberflöte sei nicht mehr verstanden worden. Die Suche nach der verschollenen Lesart Assmann versucht die Rekonstruktion dieser verschollenen Lesart. Er verortet in seinem Buch die Zauberflöte vor dem historischen Hintergrund des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Libretto ernst genommen Assmann nimmt das oft belächelte und als chaotisch und Kinderstück abgetane Libretto von Schikaneder ernst. Er entdeckt dadurch in der Oper Hinweise auf die Freimaurerei, deren Vorstellung vom alten Ägypten und den damit verbundenen Mysterienkulten - allen voran der Isis. "Irgendwo im Irgendwann" Auch spielt die Zauberflöte nicht, wie in späteren Inszenierungen explizit, in Ägypten, sondern in einem ägyptisierten, fantasievollen "Irgendwo im Irgendwann". Doch die Faszination für das Land am Nil prägte sehr wohl diesen imaginären, fantastischen Ort. Auch aus dem Ägyptenbild ihrer Zeit zogen Mozart und Schikaneder reichlich Anregungen für ihr Mysterienspiel. In der Tiefe liegt das Geheimnis Als Grundlage gelten fantastische Deutungen und Ausmalungen historischer Reiseberichte, teils aus der Antike, so Herodot, teils die Fiktionalisierung und Legendenbildung etwa um die Pyramiden, so der Gedanke, ganz Ägypten sei durch ein unterirdisches Tunnelsystem verbunden, in dessen Zentrum die Pyramiden stehen. Steckt wirklich etwas dahinter? Assmann deutet das etwa als Metapher für das Uneingeweihten nicht zugängliche, geheime Wissen der Freimaurer, die sich stark auf die ägyptischen Isis-Mysterien auch in wissenschaftlicher Form bezogen. Eine wichtige Frage der Freimaurerei lautete: Gibt es wirklich dieses geheime Wissen, diese echten Geheimnisse oder handelt es sich bloß um eine Schimäre? Mozarts und Schikaneders Antwort auf diese Frage wird in der "Zauberflöte" klar. Märchen und Volkstheater Schikaneders und Mozarts Absicht sei gewesen, das Aufnahmeritual in der Manier des Märchens und des Wiener Volkstheaters darzustellen. Nicht das Konkrete der ägyptischen Mysterien hat Mozart und Schikaneder dabei interessiert. Vielmehr geht es laut Assmann um den Ritus, der zur Botschaft wird. Die zahlreichen, immer wieder von Experten aufgezeigten Ungereimtheiten und "Hacker" in der Handlung erklärten sich dadurch. Es sei eine inszenierte Initiation in ein fiktives Isis-Mysterium. Nachdenken über die Wahrheit Mozart und Schikaneder verkehrten in freimaurerischen Kreisen. Auf höchstem Niveau wurde im Wien des ausgehenden 18. Jahrhunderts unter dem Stichwort Mysterien der Frage der religiösen Wahrheit und ihrer Erkennbarkeit für den Menschen nachgegangen, wie Assmann schreibt. Initiation vs. Offenbarung Das Mysterium entwickelte sich in der Aufklärung zum Gegenbegriff der Offenbarung, also der "klassischen" Religion, in diesem Fall des Katholizismus. Als Mutter aller Mysterien galt die altägyptische Religion, so Assmanns Argumentation weiter. Vernunft einmal unvernünftig "Das Jahrhundert der Aufklärung rückte immer entscheidender von der Idee der Offenbarung ab zu Gunsten der Idee einer natürlichen, dem Menschen kraft seiner Vernunft zugänglichen Theologie. Die Religion der Vernunft wurde im alten Ägypten und der Gott der Philosophen in den Mysterien gesucht", fasst Assmann seine These zusammen. Und eben von diesem Suchen und Finden handelt die Zauberflöte. Nur die Liebe zählt Assmann seziert die Handlung des Stücks bis in Details und argumentiert auch anhand der Figuren und der wechselnden Handlung seine Grundthese durch. Am Ende steht die Weisheit - und diese hat viele Namen. Einer davon ist die Liebe. Peter Bauer, ORF.at Buchhinweis Jan Assmann, Die Zauberflöte - Oper und Mysterium. Hanser 2005, 25,60 Euro. Links:
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