Zu einem Gipfeltreffen der besonderen Art ist es Mittwochabend in der Wirtschaftsuniversität Wien gekommen.
Erstmals nahmen die Bosse der zwei größten heimischen Supermarkt-Ketten Spar und REWE Austria (mit den Marken Billa, Merkur und Penny Markt) gemeinsam an einer Podiumsdiskussion teil und diskutierten über die Zukunft des heimischen Lebensmittelhandels. Der Ton zwischen den beiden Erzrivalen scheint gemäßigter geworden zu sein.
"Kein Vorarlberger Kuschelkurs"
Von "kaltem Krieg" zwischen den beiden Handelsriesen könne jedenfalls nicht die Rede sein, waren sich der neue Chef von REWE Austria, Martin Lenz, und Spar-Präsident Gerhard Drexel einig.
Die beiden Vorarlberger, die sich vor diesem Zusammentreffen "schon einmal im vergangenen November auf einen Kaffee getroffen haben", wie der Spar-Chef sagte, wollen aber künftig auch keinen "Vorarlberger Kuschelkurs" einschlagen. Auch das sei "übertrieben dargestellt", hieß es bei der von Peter Schnedlitz vom Institut für Handel und Marketing geleiteten Diskussion.
Am Abend länger offen?
Zum Thema Ladenöffnungszeiten waren sich die beiden Handelsbosse einig, dass der "Sonntag der Familie gehört" und diese "Verlangsamungskonstante gut für die Gesellschaft ist".
Beide würden sich aber "mehr Flexibilität" bei der Gestaltung des Rahmens für die Öffnungszeiten wünschen. So sei es derzeit kaum möglich, etwa nach einem Arbeitstag im Büro nach 18.30 Uhr noch in Ruhe einkaufen zu gehen.
Insgesamt müsse das aber nicht unbedingt längere Öffnungszeiten bedeuten, betonte Lenz.
Keine Entscheidung vor Wahl
Für "konstruktiv" hält Drexel den Vorschlag, über das Modell selbstständiger Kaufleute die Geschäfte länger offen halten zu können. Vor der Nationalratswahl im Herbst sieht er aber hier keine Möglichkeit einer politischen Entscheidung.
Öffnungszeiten rund um die Uhr, wie das in den USA der Fall ist, wären laut Lenz für Österreich gar nicht passend, "weil wir noch in geordneten Bahnen leben".
Schon zu viele Filialen in Österreich
Potenzial für neue Filialen in Österreich sehen die beiden Handelsbosse kaum. Österreich sei "overstored" wie kein anderes europäisches Land, sagte Drexel. Es gebe kaum ein Land mit einer so hohen Verkaufsdichte.
Das Resultat sei, dass hier zu Lande die Quadratmeter-Umsätze nur halb so hoch seien wie etwa in Großbritannien, Frankreich und der Schweiz. Daher werde es betriebswirtschaftlich immer mehr "Grenzbetriebe" geben, die geschlossen würden.
Osteuropa als großer Markt
Es gebe jedenfalls genügend Supermärkte in Österreich, aber nicht genug Spar-Filialen, witzelte Drexel.
Lenz freute sich zwar über die Eröffnung der 1.000sten Billa-Filiale im Sommer, das große Wachstum sieht er jedoch auch für REWE im Ausland. Schon jetzt setzen beide Konkurrenten verstärkt auf Osteuropa, wo auch schon große Teile des Gesamtumsatzes erreicht werden.
Wettbewerb gut für Kunden?
Auf die Frage, wie denn eine Balance zwischen beinhartem Wettbewerb, Fairness und sinnvoller Kooperation aussehen könnte, sagte Lenz, dass er von einem "fairen, offenen Miteinander" ausgehe.
Wettbewerb werde es aber immer geben, dieser habe schließlich auch Vorteile für die Kunden. Es sei wichtig, dass sich die Manager gut verstehen und verständigen können.
Lob für heimische Branche
Warum Österreichs Lebensmittelhandel international in jüngster Vergangenheit mehr Beachtung findet, führte Drexel zum einen auf die Kompetenzstärke in Bezug auf die verschiedenen Geschäftstypen zurück, zum anderen sei die Innovationsstärke des heimischen Lebensmittelhandels enorm.
"Österreich sticht durch Kreativität hervor", stimmte auch Lenz dem zu. Zudem hätten die Handelsunternehmen hier zu Lande - anders als in Deutschland - nicht nur auf den Preis gesetzt, sondern auch auf die Qualität.
Was bringt die Zukunft?
Auf die Frage nach der Zukunft des Lebensmittelhandels antworteten Lenz und Drexel mit unterschiedlichen Ansätzen: Lenz blieb praxisorientiert und meinte, "die Zukunft gehört dem, der die Konsumenten versteht, ihnen Sicherheit gibt und auf sie eingeht".
Drexels Formulierung fiel philosophischer aus, er meinte: "Zukunft braucht Herkunft" - im Sinne von Wurzeln, ein Fundament haben bzw. einen unternehmensphilosophischen Hintergrund.
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