Viele deutsche Kommunen nagen am Hungertuch. Wird auf der einen Seite, wie im Konfliktfall mit der Gewerkschaft, um die Kommastellen bei den Wochenstunden von Gemeindebediensteten gestritten, so beschreiten auf der anderen Seite Städte radikale Schritte, um die kommunalen Kassen zu füllen.
Dresden hat sich in einem spektakulären Schritt von seinen kommunalen Wohnungen getrennt und diese an einen US-Investor verkauft. Und in Berlin träumt man mittlerweile davon, mit einem ähnlichen Schritt Geld in die leeren Kassen der Stadt zu bekommen.
Auch in Polen und Tschechien hat man zur Bewältigung des kommunistischen Finanzerbes ähnlich drastische Veräußerungsschritte schon gesetzt bzw. in Erwägung gezogen.
Neuer Investor
Der deutsche Wohnungsmarkt steht nach Informationen des Berliner "Tagesspiegels" vor dem massiven Einstieg eines weiteren ausländischen Finanzinvestors.
Ein neues Unternehmen namens Puma Brandenburg Limited wolle in den nächsten Jahren für bis zu drei Milliarden Euro Wohnungen kaufen, berichtet die Zeitung in ihrer Samstag-Ausgabe. Berlin solle zunächst der Schwerpunktort der Käufe sein.
Heimisch auf den Kanalinseln
Puma Brandenburg sei auf der Kanalinsel Guernsey registriert und gehöre zur britischen Shore-Capital-Gruppe. Hinter dem Fonds stünden vor allem britische Investoren, etwa Pensionskassen. Die Preise für Immobilien in Berlin seien viel niedriger als zum Beispiel in London und Paris. Erwartet werde ein starker Preisanstieg, so die Zeitung.
Berlin will nicht Dresdens Beispiel folgen
Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) reagierte am Freitag auf die Gerüchte. Er hält einen kompletten Verkauf aller landeseigenen Wohnungen ähnlich wie in Dresden vorerst für nicht notwendig.
Die Wohnbaugesellschaften in der Hauptstadt seien auf dem Weg, eine angemessene Rendite abzuwerfen, sagte Sarrazin in der März-Ausgabe der Zeitschrift "Berliner Wirtschaft".
Fiskalisch sei es daher gleichgültig, "ob ich über den Verkauf einer Gesellschaft Kapital erlöse oder ob ich aus den Gesellschaften eine dauerhafte Rendite erziele, die den Staatshaushalt vergleichbar entlastet".
Fünf Milliarden wären möglich
Wenn Berlin seine sechs großen Wohnbaugesellschaften mit mehr als 280.000 Wohnungen verkaufen würde, ließen sich nach Abzug der Schulden fünf Milliarden Euro einnehmen, sagte Sarrazin.
SPD und Linkspartei hätten aber entschieden, zurzeit einen Bestand von mindestens 250.000 Wohnungen in landeseigenem Besitz zu halten.
Erster Verkaufsschritt vor zwei Jahren
Vor zwei Jahren hatte der Senat bereits die Gesellschaft GSW mit 65.000 Wohnungen für rund 400 Millionen Euro an eine Investorengruppe aus dem Ausland verkauft.
Die Debatte über den Verkauf kommunaler Wohnungen ist durch die Entscheidung der Stadt Dresden vom Donnerstag wieder in Schwung gekommen.
Dresden überraschte alle
Dresden wird durch den Verkauf der kommunalen Wohnungsgesellschaft WOBA an die US-Gesellschaft Fortress Deutschlands erste schuldenfreie Großstadt.
Die Stadt erhält 1,7 Milliarden Euro für den Verkauf von 48.000 Wohnungen und 1.300 Gewerbeimmobilien an die US-Firma.
160.000 Wohnungen in Deutschland
Die Firma Fortress wiederum besitzt damit 160.000 Wohnungen in Deutschland und möchte augenscheinlich gerade in jenen Regionen, wo die Preise für Mieten noch niedrig sind, entsprechende Marktpreise durchsetzen.
Alleine in Dresden stehen zurzeit 20 Prozent der Wohnungen leer - das freut zwar Mieter, aber weniger die Immobilienkonzerne.
Kritik am Modell Dresden
Der Deutsche Mieterbund und der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) haben den Verkauf heftig kritisiert.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erklärte, der Verkauf könne kein Modellfall für andere deutsche Großstädte sein.
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