Parodie auf "Der Untergang"

Dani Levys Hitler-Satire "Mein Führer" sorgt schon bei den Dreharbeiten für Wirbel.

  "Hitler-Parodie sorgt für Aufregung", "Nazi-Spuk erschreckt die Berliner", "Wer hat das genehmigt?": In der deutschen Presse gibt es derzeit heftigen Wirbel um einen neuen Kinofilm.

Kein Wunder: Dass "Mein Führer" von Dani Levy das brisante Thema Nazi-Vergangenheit als Satire aufrollt, sieht die deutsche Öffentlichkeit mit Argusaugen - ebenso wie die Tatsache, dass ausgerechnet "die singende Herrentorte" alias Komiker Helge Schneider in die Fußstapfen von Bruno Ganz ("Der Untergang") und Tobias Moretti ("Speer und Er") tritt und ins Führerkostüm schlüpft.

Bisher drehte "Alles auf Zucker"-Regisseur Levy unter strenger Geheimhaltung und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch eine Massenszene, die er am Montag in Berlin-Mitte drehte, sorgte bei der Presse für Aufruhr.

"Was sollen die Touristen denken?"

"Viele Hauptstadt-Passanten sind verstört - und empört", ätzt die "Bild" und zitiert Zaungäste: "Ich habe den Krieg noch in Berlin erlebt. Das Thema eignet sich nicht für eine Komödie", heißt es da, und: "Diese Kulissen machen mir Angst. Was sollen denn ausländische Touristen denken?"

Die Besucher könnten den Nazi-Aufmarsch an prominenter Stelle vor dem Berliner Dom für echt halten, so der Tenor. Nur einige kleine Info-Zettel, die bei den Dreharbeiten verteilt wurden, erklärten, worum es wirklich ging.

Dom fürchtet finanzielle Einbußen

Kritik gab es auch von den Anrainern: "Wir sind gar nicht froh, dass der Dom in so einer Kulisse gezeigt wird", kritisierte Domkuratorin Margit Hilmer im "Berliner Kurier". "Uns reicht schon, dass Generalfeldmarschall Hermann Göring hier geheiratet hat."

Und: Weil für die Dreharbeiten das Gebiet abgeriegelt und die Parkplätze vor dem Gebäude gesperrt wurden, "müssen wir als Domgemeinde erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen".

Nazi-Fahnen und "Sieg Heil"-Rufe

Der Dom würde für den Filmdreh mit meterlangen Hakenkreuzfahnen dekoriert; auf dem Platz davor mussten Statisten in Nazi-Kostümen und authentischer Kleidung NS-Fähnchen schwingen und "Sieg Heil" rufen.

Die rund 300 professionellen Komparsen wurden von einer Hundertschaft an Freiwilligen unterstützt, die die Produktionsfirma X-Filme über das Internet suchte.

"Alles wirkt erschreckend echt"

Die "tageszeitung" ("taz") schickte eine Mitarbeiterin quasi "undercover" als freiwillige Komparsin zum Dreh.

"Der erste Jubel für den Führer im funkelnden Wagen fällt verhalten aus. Vielleicht auch, weil einige bis zum letzten Moment gehofft haben, dass die Hitler-Figur an Darsteller Helge Schneider erinnern würde, vielleicht ein Hitler mit rotblonder Mähne? Jetzt wirkt alles erschreckend echt", heißt es in dem Bericht.

Schlechter Tag für den "Führer"

Schließlich habe Regisseur Levy erklärt, worum es bei dem Dreh - es soll die letzte Szene des Films werden - geht: "Der Führer hat gerade einen ganz schlechten Tag. In der Nacht hat man versucht, ihn mit dem Kissen zu ersticken, seine Stylistin hat ihm den Schnurrbart abrasiert und er hat sich heiser gebrüllt. Deshalb kann er seine flammende Neujahrsansprache nicht halten."

Satire auf "Der Untergang"

"Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler" lautet der Untertitel des Films - eine Anspielung auf Streifen wie "Der Untergang", deren zur Schau gestellte angebliche "Authentizität" Levy heftig kritisiert: In Filmen wie diesem würden die Nazis zu sehr auf einen Sockel gehoben.

Auch Hauptdarsteller Helge Schneider teilt laut "taz" diese Kritik: Er habe den Statisten bei den Dreharbeiten persönlich gedankt: "Ich hoffe, dass wir einen zweiten und dritten Teil machen können. Und dass dies kein ZDF-Zweiteiler wird."

"Nötige Sensibilität"

Nicht alle sehen Levys Film mit kritischem Blick: "Sowohl Helge Schneider wie auch Regisseur Dani Levy bieten die Voraussetzung, um an dieses Werk mit der nötigen Sensibilität heranzugehen", meint etwa Paul Spiegel, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, in der "Bild".

Wie in "Der Untergang" geht es in "Mein Führer" um die Geschehnisse im Führerhauptquartier gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Doch in diesem Fall ist Hitler, wie die Produzenten erklären, ein armseliger Schwächling und ein neurotisches Wrack, das seinen Erfolg einzig und allein einem jüdischen Schauspiellehrer zu verdanken hat.

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