9.436 Besucher pro Tag

Gerammelt voll: Internationale Museen setzen auf Großereignisse.

  Wir leben im Zeitalter der Super-Schauen: Großausstellungen, bei denen 8.000 Besucher pro Tag und mehr regelrecht durch die Museumsräume getrieben werden, sind keine Seltenheit mehr.

Das belegt die aktuelle Museums-Hitparade der renommierten Kunstwelt-Zeitung "The Art Newspaper", die alljährlich die erfolgreichsten internationalen Ausstellungen auf der ganzen Welt auswertet.

Japan an der Spitze

Das Kriterium sind nicht absolute Besucherzahlen, sondern die von der Zeitung nach einem komplexen Schlüssel errechneten Durchschnittsbesucher pro Tag.

Das Ergebnis ist überraschend: Nicht Louvre oder MoMA lieferten 2005 die erfolgreichsten Kunstschauen der Welt ab, sondern drei Ausstellungen in Japan führen die Kunst-Hitparade an.

9.436 Besucher pro Tag

Kaum vorstellbare 9.436 Besucher täglich sahen sich im Vorjahr eine Retrospektive des japanischen Holzschnittmeisters Katsushika Hokusai im Tokioter Nationalmuseum an.

In der "Art Newspaper"-Hitparade, die seit 1996 zusammengestellt wird, ist das ein neuer Rekord. Insgesamt sahen 332.939 Menschen die Schau mit Hokusais Druckgrafiken, den Ukiyo-e.

New York und Paris in den Top Ten

"Nationale Schätze aus dem Toshodaiji-Tempel", ebenfalls im Nationalmuseum, lockte immerhin noch 8.678 Besucher pro Tag an. Knapp über 7.000 Besucher täglich sahen "Meisterwerke des Louvre aus dem 19. Jahrhundert" im Kunstmuseum Yokohama.

Erst dann folgen - sowohl in Sachen Themen als auch bei den Museen - die üblichen Verdächtigen: Künstler wie Van Gogh, Cezanne, Turner und Monet und Häuser wie MoMA, Metropolitan Museum und Grand Palais dominieren die Top Ten.

KHM wurde "nicht gefragt"

Österreichische Museen tauchen mit ihren Ausstellungen mit wenigen Ausnahmen - auf den hinteren Rängen finden sich das KunstHausWien und die Residenzgalerie Salzburg - in der aktuellen Liste nicht auf.

Bisher sei man in der Wertung immer vertreten gewesen, sagte dazu die Sprecherin des Kunsthistorischen Museums (KHM) Wien, Irina Kubadinow, gegenüber ORF.at, diesmal "sind wir nicht gefragt worden".

Goya-Schau wäre auf Platz 26

Dabei würde das KHM etwa im Fall seiner letzten Großausstellung "Goya in Wien" - die allerdings bis Jänner 2006 lief - gar nicht schlecht abschneiden. Rechnet man die Besucherzahlen der Goya-Schau, die das Haus mit 301.505 angibt, mit der "Art Newspaper"-Formel um, ergeben sich durchschnittlich 3.350 Besucher pro Tag.

Damit würde die Goya-Ausstellung auf Platz 26 kommen und etwa die Art-Informel-Schau im Guggenheim Bilbao überholen. Der erste Stopp der Goya-Schau in der Berliner Nationalgalerie liegt in dem Ranking auf Platz 42.

Japans Museen setzen auf "Blockbuster"

Das Japan-Phänomen hat laut "Art Newspaper" vor allem einen Grund: 2001 wurden alle davor staatlichen japanischen Museen semiprivatisiert.

Nun sind die Häuser selbst für Einnahmen durch Tickets und Merchandising verantwortlich - was die meisten Kuratoren dazu bewogen hat, auf massenwirksame Künstler wie Van Gogh und den in Japan wie einen Nationalhelden gefeierten Hokusai zu setzen.

"Halsbrecherische Zustände"

In das Nationalmuseum in Tokio passen bis zu 2.000 Menschen gleichzeitig. Bei den populärsten Werken kommt es zu regelrechten Aufläufen, was zu harscher Kritik in den japanischen Medien geführt hat.

"Wird der internationale Ausstellungsbesucher von diesen halsbrecherischen Zuständen abgeschreckt?" fragt sich die Zeitung.

Die Erhebung habe jedenfalls ergeben, dass die Zahl jener Ausstellungen, die mehr als 1.000 Besucher pro Tag anzogen, im Vergleich zu 2004 bereits um drei Prozent zurückgegangen sei. Die Gründe dafür seien aber "unmöglich festzustellen".

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