Versinkt die "Wiege der Menschheit"?

Forscher beobachten erstmals "live" die Entstehung eines neuen Ozeans.

  Das Ostafrikanische Grabensystem gilt als Eldorado für Geowissenschaftler - können diese dort nicht weniger als die Entstehung eines neuen Ozeans gewissermaßen "live" miterleben.

Wie bereits vor rund 30 Millionen Jahren, als sich die Arabische Halbinsel vom Rest Afrikas trennte und dadurch das Rote Meer entstand, könnte der afrikanische Kontinent erneut durch einen Ozean gespalten werden.

Atemberaubende Geschwindigkeit

Denn nach wie vor driften Teile der afrikanischen Platte auseinander - wobei die Forscher vor allem entlang des Äthiopischen Grabens, der sich von Mosambik über Tansania bis Kenia erstreckt, eine Häufung an tektonischen Aktivitäten nachweisen konnten.

Bemerkenswert erscheint dabei - gemessen an geologischen Maßstäben - die atemberaubende Geschwindigkeit, in der sich der Kontinent erneut spaltet.

Hunderte Spalten in wenigen Monaten

So öffneten sich in der Afar-Senke in Nordostafrika in den vergangenen Monaten Hunderte Spalten. Teilweise sank die Erde um bis zu 100 Meter ab.

Erstarrtes aufgestiegenes Magma deuten die Forscher zudem als erste Flecken des künftigen Meeresbodens. Bis heute sei die Erde nicht zur Ruhe gekommen, so der Geophysiker Tim Wright von der Universität Oxford im "Spiegel" (Online-Ausgabe).

"Beispiellos in Wissenschaftsgeschichte"

Dabei erlebte ein Geologenteam rund um Dereje Ayalew von der Universität Addis Abeba die "Geburt des neuen Ozeans" am eigenen Leib. Im September letzen Jahres öffnete sich während Forschungsarbeiten plötzlich der Boden.

Ein Erlebnis von historischer Dimension, da bisher nie ein ähnliches Phänomen von Menschen dokumentiert wurde. Das sei "beispiellos in der Wissenschaftsgeschichte", zeigte sich auch Ayalew begeistert.

6.000 Kilometer lange Vulkankette

Auch die rund 6.000 Kilometer lange Vulkankette - mitsamt Kilimandscharo und Nyiragongo - entlang des Ostafrikanischen Grabens zeugt vom Auseinanderbrechen Afrikas.

Vielerorts sei die Erdkruste im betroffenen Gebiet an den bis zu drei Kilometer hohen Grabenflanken bereits vollständig aufgerissen, wie der "Spiegel" berichtet.

Einem von der Uni Freiburg veröffentlichten Artikel zufolge driften zwei Teile der Platte pro Jahr um rund neun Millimeter auseinander.

Danakil-Hochland noch Barriere

Zudem senkt sich das Afar-Gebiet zunehmend, wobei bereits jetzt große Flächen mehr als 100 Meter unter dem Meeresspiegel liegen. Noch werden die Wassermassen des Roten Meeres vom Danakil-Hochland an der Küste zurückgehalten.

Doch bereits in zehn Millionen Jahren könnte der von Anthropologen als "Wiege der Menschheit" bezeichnete Nordosten Afrikas überflutet und ein neuer Ozean in der Größe des Roten Meeres entstanden sein.

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