Seit dem Film "Muxmäuschenstill" ist der deutsche Jungschauspieler und Regisseur Jan Henrik Stahlberg auch hier zu Lande ein Begriff.
Der Name Stahlberg steht seit dem Publikumserfolg über den selbst ernannten Sittenwächter und Kontrollfreak Mux für Brachialkino.
Brachiales auf der Berlinale
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Regisseur Stahlberg mit Darstellern bei der Berlinale in Berlin / ©Bild: AP |
Stahlberg hat die laufende Berlinale mit seiner wilden Satire "Bye Bye Berlusconi" ordentlich aufgemischt. Der Low-Budget-Film ist mittlerweile in italienischen Blogs ein großes Thema. Immerhin geht es um die Entführung des italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi in einer Kiste.
In einer rasanten Fahrt in einem Ford Transit lässt Stahlberg den Premier in die Berge entführen. Doch dann wird der Coup gestoppt. Auf einem Parkplatz erfährt man: Hier wird nur ein Film über die fiktive Entführung Berlusconis gedreht. Und genau genommen ist die ganze Sache auch komplizierter als gedacht.
Neuer Name für Berlusconi
Denn Berlusconi darf nicht Berlusconi heißen. Anwälte verbieten die Namensnennung, und so wird aus Berlusconi "Topolino" - was ja der italienische Name von Micky Maus ist.
Topolino ist fortan im Film ein Melonenverkäufer, der zugleich auch ein Melonen-TV betreibt, das wiederum das größte im ganzen Land ist. Es wird nicht weiter verwundern, dass Stahlbergs Melonen-TV die bekannten Produktionen aus dem Hause Mediaset von Berlusconi bei weitem an Niveau unterschreitet. Hier wird die Satire mit dem Holzhammer vorangetrieben.
Berlusconi-Wähler als Berlusconi
Ein römischer Schuhverkäufer namens Maurizio Antonini stellt Berlusconi alias Topolino im Film dar. "Wir sind auf den Mann mittels Casting gestoßen", verriet Stahlberg im ZDF.
Der Laiendarsteller ist noch dazu deklarierter Wähler von Berlusconis Partei Forza Italia. Was den Schauspieler gelockt hat? Die Gage, verrät Stahlberg.
Vorbild: Doku über Aldo Moro
Die Idee zu dem Film hatte Stahlberg, als er einen Film über die Entführung des italienischen Politikers Aldo Moro in den siebziger Jahren sah. Die fiktive Entführung einer realen Persönlichkeit brächte aber zu viele Komplikationen mit sich, so Stahlberg.
Um Klagen oder einem Verbot zu entgehen, verlegte man die Handlung ins imaginäre Melonenland.
Doppelter Plot
Dennoch: Der Film mit der doppelten Ebene kann den zweiten Plot nicht aus dem Auge lassen.
"Bye Bye Berlusconi" handelt also auch von den Schwierigkeiten, einen Film über Berlusconi zu machen, und erzählt von den Problemen, die es in dem realen Land, in dem Berlusconi regiert, beim Drehen eines Films mit einem Berlusconi-Double gab.
Die Drehs in Italien waren offenkundig ein Spießroutenlauf. Immer wieder platzten kurzfristig Drehtermine aus fadenscheinigen Gründen.
Angst vor den Folgen
"Da hieß es plötzlich, ihr könnt in dem Schuppen doch nicht drehen, weil die Gasrechnung nicht bezahlt ist", so Stahlberg gegenüber dem "Spiegel" (Online-Ausgabe). Viele Leute, die ihre Mitarbeit beim Film zugesagt hätten, seien in letzter Minute aus Angst, Ärger zu bekommen, wieder abgesprungen.
Wie schon "Muxmäuschenstill", so lebt auch "Bye Bye Berlusconi" vom ständigen Spiel zwischen Realität und Fiktion - bzw. der Grenzüberschreitung von der Fiktion in Richtung Realität.
Dass die Realität im Fall Berlusconi ohnedies grell genug ist, belegen die jüngsten Vergleiche des italienischen Premiers. Jesus, nicht ein dahergelaufener Melonenverkäufer, ist die Figur, an der sich Italiens Medienkönig orientiert.
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