Das Problem mit der Elite-Uni

Die Debatte über den Standort der geplanten Elite-Uni hat neuen Zündstoff erhalten.

  Rund um die letzte Woche getroffene Entscheidung zur Ansiedelung der Elite-Uni im niederösterreichischen Gugging werden täglich neue Einzelheiten bekannt - selten zu Gunsten des gewählten Standorts.

Nun bringt einer der geistigen Väter des Projekts neuen Zündstoff in die Debatte: Der abgesprungene "Vorzeigeprofessor" der Elite-Uni, der Quantenphysiker Anton Zeilinger, sagte am Montag, von der Politik vor die Alternative gestellt worden zu sein: "Entweder Gugging oder gar nichts".

Drängen auf rasche Lösung

Die Politik sei der Meinung gewesen, "dass es besser ist, eine Lösung zu haben, die kurzfristig schneller verwirklichbar ist - das ist Gugging -, als eine Lösung, die langfristig mehr Entwicklungsperspektiven bieten könnte", sagte Zeilinger im ORF-Radio.

Absprung nach Unterschrift

Er und andere skeptische Wissenschaftler in der Planungsgruppe des Bildungsministeriums hätten zwar ein Sitzungsprotokoll unterschrieben, in dem Gugging als bester Standort angegeben war, räumt Zeilinger ein.

Vorläufig zugestimmt hätten sie aber nur, da sie von der Politik vor die Alternative gestellt worden seien: "Entweder Gugging oder gar nichts".

Zeilinger, der Chemiker Peter Schuster und der dritte Wissenschaftler im Projektteam, Arnold Schmidt, hatten sich kurz nach der Entscheidung der Regierung für Gugging aus dem Projekt zurückgezogen.

"Aufgabe der Politik"

Am Dienstag stellte Zeilinger gegenüber ORF.at klar, dass es selbstverständlich den politischen Entscheidungsträgern zustehe, gewisse Aspekte als wichtiger zu bewerten als andere. Denn die Politik habe ihre Entscheidung auch gegenüber der Öffentlichkeit zu verantworten.

"Das Abwägen der Bedeutung von Einzelaspekten kann nicht durch ein Beratungsunternehmen erfolgen, dies ist Aufgabe der Politik", so Zeilinger weiter.

Das Votum der Projektgruppe

Immer mehr Details wurden inzwischen auch über jene Expertisen bekannt, die im Auftrag des Bildungsministeriums die angebotenen Uni-Standorte untersucht hatten.

Laut der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" lag in diesen Studien St. Marx in Wien vorne. Gugging war demnach nur die drittbeste Wahl - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Projektgruppe riet angeblich sogar ab

Laut der APA vorliegenden Papieren riet die im Bildungsministerium eingesetzte Projektgruppe
in einem Bericht an Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) noch Ende Jänner sogar von einer Standortentscheidung für Gugging ab.

Unter den Aspekten Kooperation mit Universitäten, Spin-offs und Industrieansiedlung sollte man Gugging nicht wählen, hieß es laut APA in einem Bericht.

Laut Bildungsministerium wurden indes keine Rangordnungen festgelegt. Dem ORF Niederösterreich liegt ein Papier vor, aus dem hervorgeht, dass sowohl die beiden Wiener Standorte als auch Maria Gugging Vor- und Nachteile hätten - mehr dazu in noe.ORF.at.

"Kein eindeutiger Sieger"

Zeilinger sagte am Montag, aus diesen Studien habe sich kein eindeutiger Sieger für den Standort ergeben - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Die Opposition wittert bereits "Freunderlwirtschaft" und einen sich anbahnenden Skandal.

Rückkehr mit Bedingungen

Nur mit einer Rücknahme der Entscheidung für Gugging könnte man ihn zur Rückkehr bewegen, so Zeilinger in den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Wochenend-Ausgabe). Man müsste neu anfangen und festlegen, unter welchen Kriterien Entscheidungen getroffen werden.

"Da müssen unabhängige internationale Wissenschaftler mitwirken. Das dürfen nicht wir paar Hansln entscheiden", so Zeilinger.

Befürchtungen bei Personalentscheidungen

Ein zentraler Punkt bei solch einer Entscheidung sei die Unabhängigkeit von Politik und Wirtschaft in Organisation und Personalauswahl, so der renommierte Physiker. Diese Unabhängigkeit sah man offenbar nicht mehr gegeben.

"Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die Standortfrage von der Politik entschieden wurde und wir dazu nur mehr Ja sagen sollten", sagte Zeilinger. Und: "Wir hatten das Gefühl, dass das bei Personalentscheidungen so weitergeht."

Zweifel an Erfolg

Zu den Erfolgschancen des Projekts befragt, meinte er: "Ich kann mir schwer vorstellen, dass das Projekt ohne Akzeptanz und Unterstützung der internationalen 'Scientific Community' eine Chance hat, auch nur in die Nähe dessen zu kommen, was wir uns vorstellen." Den Starttermin Herbst hält Zeilinger nicht für realistisch.

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