Der Bau der "Monsterbrücke" über die Meeresenge von Messina hat noch nicht einmal begonnen und schon beschäftigt das Infrastrukturprojekt die italienischen Justizbehörden.
Die römische Staatsanwaltschaft hat drei Funktionäre des römischen Verkehrsministeriums vernommen, um Informationen über angebliche Interessen der Mafia an der Vergabe der lukrativen Subaufträge im Zusammenhang mit der Errichtung der 3,3 Kilometer langen Brücke zu sammeln. Den drei Funktionären wird vorerst Amtsmissbrauch vorgeworfen.
"Unzählige Subaufträge"
Auch die Anti-Mafia-Behörde DIA ist der Ansicht, dass die Großbrücke das Interesse des organisierten Verbrechens geweckt hat. "Die Mafia will sich stärken, indem sie sich Zugang zu den Arbeiten für die Errichtung großer Infrastrukturen strategischer Bedeutung verschafft wie der Brücke von Messina", hieß es in einem DIA-Bericht an das Parlament.
Vor wenigen Tagen hatte der Polizeichef der süditalienischen Region Kalabrien, Luigi De Sena, gewarnt, dass die Gesetze keine Transparenz bei der Vergabe der lukrativen Geschäfte zwischen Kalabrien und dem italienischen Festland garantieren würden.
"Ich schätze, dass von den unzähligen Subaufträgen 50 Prozent an die sizilianische Mafia und 50 Prozent an die 'Ndrangheta gehen", sagte dieser Tage ein kalabresischer Staatsanwalt.
Anti-Mafia-Einheiten auf verlorenem Posten?
Anti-Mafia-Einheiten sollen nun gemeinsam mit der Baufirma Impregilo und der Trägergesellschaft Stretto di Messina zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass die Brücke zu einem Großprojekt vor allem für die Mafia wird.
Viel bringen dürfte das nach Ansicht von Experten nicht: Italiens Mafiosi haben schon lange gelernt, dass man zu wichtigen Geschäften nicht persönlich erscheint, sondern Strohmänner schickt.
"Appetit der Bosse geweckt"
Das Riesengeschäft mit der Brücke habe den Appetit der Bosse auf beiden Seiten der Meerenge geweckt, warnen die Experten. Diese hätten bereits in den vergangenen Jahren massiv Grundstücke um die Meerenge gekauft. Sie wittern kolossale Gewinnmöglichkeiten dank der Brücke, über deren Bau seit fast einem halben Jahrhundert in Italien gestritten wird.
Die Worte des Staatsanwalts hatten lebhafte Debatten ausgelöst. "Eine einflussreiche Lobby will, dass Sizilien weiterhin vom Rest Europas abgeschnitten bleibt", kritisierte der Präsident des sizilianischen Regionalrats, Salvatore Cuffaro, der zu den aktivsten Befürwortern des Projekts zählt.
Grundsteinlegung im Frühjahr
Hochrangige Regierungsmitglieder versicherten, man werde alles tun, um eine mafiose Infiltration zu vermeiden. Doch die Justizbehörden beschäftigen sich bereits mit zwielichtigen Unternehmern, die vom Projekt profitieren wollen.
Die italienische Regierung hatte im Oktober die italienische Baufirma Impregilo mit dem Bau der Brücke beauftragt. Für das Frühjahr 2006 ist die Grundsteinlegung geplant.
Auch Impregilo im Visier der Staatsanwälte
Mit der Brücke von Messina befassen sich auch die Staatsanwälte der lombardischen Stadt Monza. Sie hatten im Sommer ein Telefongespräch zwischen dem Ex-Präsidenten von Impregilo, Paolo Savona, und dem Wirtschaftsexperten Carlo Pelanda abgehört.
Darin behauptete Pelanda, er habe von Marcello Dell'Utri, dem skandalumwitterten Vertrauensmann des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und Senator der Regierungspartei Forza Italia, erfahren, dass die Regierung Impregilo den Bauauftrag für die Brücke geben werde - wie es tatsächlich vor zwei Wochen geschehen ist.
Längste Hängebrücke der Welt
Die Hängebrücke über die Meerenge von Messina wäre die längste der Welt. Der Bau gilt in der Regierung Berlusconi als vorrangiges Projekt. Der Auftrag beträgt 4,4 Milliarden Euro, hieß es in Rom.
Die Pläne der Regierung sehen vor, dass sich der Staat aus der Finanzierung vollkommen heraushält, berichteten italienische Zeitungen. Das Geld würde von Banken, Finanzierungsgesellschaften und den künftigen Betreibern aufgebracht.
140.000 Autos sollen täglich über die sechsspurige mautpflichtige Brücke rollen. Nur noch gut drei Minuten dauere dann die Fahrt von Kalabrien nach Sizilien. Heute müssen Pendler und Touristen mitunter Stunden warten, um einen Platz auf einer Fähre zu bekommen.
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