Der Konflikt, der rund um die umstrittenen Mohammed-Karikaturen zwischen Europa und der islamischen Welt im wortwörtlichen Sinne entbrannt ist, ist der heftigste Aufeinanderprall der beiden Zivilisationen seit der Rushdie-Affäre Ende der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts.
Von den Versen zur Karikatur
Wegen seines Buchs "Die satanischen Verse", erließ damals der iranische Revolutionsfährer Ayatollah Khomenei eine Fatwa, den indisch-britischen Autor Salman Rushdie zu töten. Zusätzlich wurde noch ein hohes Kopfgeld als Preis ausgesetzt.
In Europa wurde dies als Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versuch, den Westen radikalislamische Normen zu unterwerfen, gewertet. Dies führte zu einer beispiellosen Solidarisierung mit Rushdie auf politischer und kultureller Ebene.
Rushdie bedauerte zwar die "Besorgnis", die sein Buch "aufrichtigen Anhängern des Islam" bereitet habe, betonte aber das Recht auf Redefreiheit.
Cartoonisten fürchten um ihr Leben
Jene dänischen Cartoonisten, die für den "Jyllands-Posten" die umstrittenen Karikaturen zeichneten, fürchten nun ebenso um ihr Leben wie Rushdie vor mehr als 15 Jahren.
Wie die britische "Times" am Wochenende berichtete, seien die Cartoonisten "schockiert" über die Eskalation der Affäre. Sie hätten - vergeblich - versucht, die Nachdruck der Cartoons zu verhindern.
"Einige haben schreckliche Angst"
Ein Sprecher der Zeichner meinte: "Sie verstecken sich in ganz Dänemark. Einige von haben wirklich panische Angst. Sie wollten nicht, dass die Bilder nachgedruckt weden. Aber wir konnten es nicht verhindern. Wir haben es versucht, aber vergebens."
Der Chef der dänischen Journalisten-Gewerkschaft, Mogens Blicher Bjerregaard, meinte gegenüber der "Times", dass die Zeichner eine hohe Verantwortung spüren würden. "Die ganze Sache wurde so groß aufgeblasen. Es ist hart für sie."
Protest gegen Selbstzensur
Der rechtskonservative "Jyllands-Posten" hatte 25 Cartoonisten eingeladen, eine Zeichnung von Mohammed, "so wie sie ihn sehen", zu machen.
Der "Jyllands-Posten" wollte nach eigener Darstellung mit der Cartoon-Aktion eine Debatte über die angebliche Selbstzensur in Europa bezüglich heikler islamischer Themen.
Hintergrund war, dass ein Kinderbuchautor beklagt hatte, dass Zeichner sein Buch über das Leben Mohammeds nur unter der Bedingung illustrieren wolten, dass sie anonym bleiben.
"Eine Lose-Lose-Situation"
Im Interview mit einer schwedischen Zeitung meldeten einige der Karikaturisten nun Zweifel an der ganzen Aktion an.
"Es war ein wenig wie eine Lose-Lose-Situation. Hätte ich nein gesagt, wäre ich als Feigling dagestanden, der die Selbstzensur verstärkt. Mit meiner Zustimmung wurde ich ein unverantwortlicher Verbreiter von Hass auf den Islam".
Links: