Ausweg aus Krise gesucht

Dänische Regierung um Beruhigung bemüht.

  Nach den weltweiten Protesten aufgebrachter Moslems wegen der Veröffentlichung von den Propheten Mohammed zeigenden Karikaturen in dänischen Zeitungen ist die Regierung in Kopenhagen um eine Beruhigung der Lage bemüht.

Der dänische Außenminister Per Stig Moller bestätigte am Dienstagabend nach seiner Rückkehr von der Afghanistan-Konferenz in London, dass er dort mit Kollegen aus vier arabischen Ländern über Möglichkeiten zur Beilegung der Krise gesprochen habe.

"So viel Zorn auf den Straßen"

Namen wollte er aber nicht nennen. "Wir waren uns einig, dass es ein langer Prozess wird, weil es so viel Zorn auf den Straßen gibt", sagte Moller.

Anti-islamische Proteste geplant

Die dänische Polizei bereitet sich auf anti-islamische Proteste in Kopenhagen vor. Im Internet gebe es Demonstrationsaufrufe mehrerer Gruppen, sagte Vizepolizeichef Kjargaard Moller am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Es zirkulierten zudem "Gerüchte", dass rechtgerichtete Jugendliche Proteste vor dem Rathaus im Stadtzentrum planten.

Ein offizieller Antrag auf Genehmigung einer Demonstration liege nicht vor. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Ritzau könnten Jugendliche versuchen, Koranexemplare öffentlich zu verbrennen.

Proteste gehen weiter

Auch nach der Entschuldigung der Zeitung "Jyllands-Posten" für die Kränkung religiöser Gefühle durch die Mohammed-Karikaturen gingen die Straßenproteste in der islamischen Welt am Dienstag weiter.

In Tunis verlangten 17 Außenminister der Arabischen Liga von Dänemark die Bestrafung der für die Zeichnungen Verantwortlichen.

Dänische Moslems lehnen Entschuldigung ab

Die dänischen Moslems bezeichneten die Entschuldigung der "Jyllands-Posten" als nicht ausreichend. Die islamische Glaubensgemeinschaft in Dänemark hatte die Erklärung der Zeitung am Dienstag zunächst begrüßt.

Nach einem Treffen von 27 islamischen Gruppen hieß es jedoch, die Formulierung sei nicht eindeutig. "Es ist keine klare Stellungnahme, in der sich die Zeitung für ihre Beleidigungen entschuldigt und zu ihnen steht", sagte Sprecher Ahmed Akkari.

"Jyllands-Posten": Nicht gegen Gesetz verstoßen

Die Zeitung hatte sich am Montagabend auf ihrer Website für die Karikaturen entschuldigt. Der Chefredakteur von "Jyllands-Posten", Carsten Juste, erklärte, die Zeichnungen hätten nicht gegen dänische Gesetze verstoßen, aber unzweifelhaft viele Moslems beleidigt. Bei ihnen wolle man sich entschuldigen.

Bombenalarm in Zeitungsbüro

Die Büros der "Jyllands-Posten" in Kopenhagen und im Westen Dänemarks wurden am Dienstagabend geräumt, nachdem ein Anrufer vor Bomben gewarnt hatte. Die Polizei durchsuchte die Gebäude, fand aber keine Sprengsätze. Im Internet riefen irakische Aufständische ihre Anhänger zu Anschlägen in Dänemark und Norwegen auf.

Rasmussen setzt auf Diplomatie

Der dänische Regierungschef Anders Fogh Rasmussen kündigte eine umfassende diplomatische Initiative zur Beruhigung in den islamischen Ländern an.

Er äußerte die Hoffnung, dass es nach der von ihm ausdrücklich begrüßten Entschuldigung durch die Zeitung nicht zu den angedrohten Boykottaktionen gegen Dänemark in der islamischen Welt kommen werde.

Angst um Soldaten im Irak

Verteidigungsminister Soren Gade teilte mit, dass die 500 im südlichen Irak stationierten dänischen Soldaten wegen einer angeblich von Terroristen ausgestellten "Fatwa" in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden seien.

Aus dem Irak wurden am Dienstag auch erstmals gegen Dänemark gerichtete Protestdemonstrationen gemeldet.

Rasmussen warnte bei einer Pressekonferenz alle Dänen vor Vergeltungsaktionen gegen in dem skandinavischen Land lebende Moslems.

SMS-Kampagne ruft zum Boykott auf

Gleichzeitig bestätigte eine Parlamentsabgeordnete der mit Rasmussens Regierung zusammenarbeitenden rechten Dänischen Volkspartei (DVP), dass sie eine SMS-Kampagne mit Boykottaufrufen gegen islamische Geschäfte in Gang gesetzt habe.

Rasmussen meinte, Zuwanderer in Dänemark dürften nicht die Leidtragenden des derzeitigen Konfliktes werden.

Dänen geben Moslems die Schuld

Bei einer Umfrage des Fernsehsenders TV2 erklärten 49 Prozent der befragten Dänen und damit eine klare Mehrheit, dass sie führende Moslems in ihrem Land für die Hauptverantwortlichen für den Konflikt um die Zeichnungen halten, weil sie Proteste in andere Länder getragen hätten.

28 Prozent machten die Zeitung "Jyllands-Posten" verantwortlich, die die Karikaturen veröffentlicht hatte. Zehn Prozent nannten arabische Regierungen, neun Prozent die dänische Regierung.

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