Ausgerechnet jene Bezeichnung, mit der sie politische Gegner hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand oft bedenken, trifft auf Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) nicht zu: "Handarbeitslehrerin" war die langjährige Vertraute von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) nie - Gehrer unterrichtete in den 60er Jahren an Volksschulen.
Jahrelang als resolute Frau der klaren Worte auch medial geschätzt, gilt sie nach der Publikation der letzten PISA-Studie, dem EuGH-Urteil zum Uni-Zugang sowie der Debatte über die Klimt-Bilder und die "Saliera" als "schwer angekratzt" ("profil") bzw. "weltfremd" ("Kurier").
Ausbildung zur Lehrerin
Am 11. Mai 1942 in Wien geboren, übersiedelte Gehrer 1949 mit ihrer Familie nach Innsbruck. Nach Abschluss des Gymnasiums und der Lehrerbildungsanstalt in der Tiroler Landeshauptstadt unterrichtete sie von 1961 bis 1964 in Hart im Zillertal.
Nach ihrer Heirat 1964 ging Gehrer nach Bregenz und unterrichtete zwei Jahre in Lochau.
Stadträtin in Bregenz
Ihre politische Laufbahn begann Gehrer 1980 in Bregenz als Stadträtin für Musik und regionale Zusammenarbeit, 1981 übernahm sie den Vorsitz der Regionalplanungsgemeinschaft Bodensee.
1983 wurde Gehrer Ortsobfrau der Frauenbewegung in Bregenz, 1984 zog sie bereits in den Landtag ein, zu dessen Vizepräsidentin sie 1989 gewählt wurde.
Mitglied der Landesregierung
1990 wurde Gehrer als erste Frau Mitglied der Vorarlberger Landesregierung, in der sie für die Bereiche Schule, Weiterbildung, Wissenschaft, Frauen, Jugend, Familie, Gemeindeentwicklung, Energiesparen und Entwicklungshilfe zuständig war.
Gleichzeitig bekleidete sie die Funktion der Amtsführenden Präsidentin des Landesschulrates.
Seit '95 im Team Schüssels
Schüssel holte Gehrer im Mai 1995 nach dem Ausscheiden von Erhard Busek als Unterrichtsminister in sein Regierungsteam. Im Herbst desselben Jahres wurde sie zur stellvertretenden Obfrau des ÖAAB gewählt. 1999 avancierte Gehrer außerdem zur stellvertretenden ÖVP-Chefin.
Mit dem Amtsantritt der ÖVP-FPÖ-Koalition im Februar 2000 bekam sie auch die Wissenschaftsagenden übertragen und führt seither das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur.
Von Schulautonomie bis Uni-Gesetz
In die mehr als zehnjährige Ministertätigkeit Gehrers fielen unter anderem die Ausweitung der Schulautonomie, die Einführung eines Frühwarnsystems für schlechte Schülerleistungen sowie des Englisch-Unterrichts ab der 1. Klasse Volksschule.
Auch das neue Dienstrechte für Pflichtschul- und Uni-Lehrer, die Überführung der Bundesmuseen in die Vollrechtsfähigkeit, das Rückgabegesetz für die Restitution von Raubkunst wurden in ihrer Amtszeit umgesetzt.
Studiengebühren eingeführt
Gehrer ist auch für die Einführung von Studiengebühren, das neue Universitätsgesetz 2002, mit dem die Hochschulen aus der Bundesverwaltung ausgegliedert wurden, sowie die Streichung von Schulstunden, die 2003 zu einem Streik der AHS-Lehrer führte, verantwortlich.
Weitere markante Ereignisse in Gehrers Amtszeit: das schlechte Abschneiden Österreichs bei der PISA-Studie 2003, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Hochschulzugang für EU-Studenten in Österreich mitsamt der Einführung von Zugangsbeschränkungen für acht Fächer an den Universitäten im Juli des Vorjahrs.
"Saliera"-Diebstahl und Klimt-Bilder
Bei den kulturellen Agenden stechen der Diebstahl der "Saliera" aus dem Kunsthistorischen Museum Wien im Mai 2003 und das Wiederauftauchen vor wenigen Tagen sowie das mehrjährige Verfahren um die Klimt-Bilder, das Österreich heuer verlor, hervor.
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