Perfektionist mit Humor

Alfred Brendel feiert seinen 75. Geburtstag.

  "Das, was ich schon kann, noch besser können": Alfred Brendel, einer der bedeutendsten Pianisten der Gegenwart, hat auch nach seinem 75. Geburtstag am Donnerstag noch große Pläne.

Dauergast bei Festivals

Brendel erreichte in seiner 55-jährigen Musikerkarriere quasi alles, wovon man als Pianist träumen kann.

Er war und ist Dauergast bei allen wichtigen Musikevents von den Salzburger Festspielen bis zu den Promenadenkonzerten der BBC in London, veröffentlicht regelmäßig erfolgreiche Plattenaufnahmen und wurde mit etlichen Preisen ausgezeichnet.

Denker und Dada-Fan

Nebenbei gilt der seit den 70ern in London lebende Musiker mit österreichischen Wurzeln als "Klavierdenker" und "Tastenphilosoph". Mit 67 veröffentlichte er seine erste Gedichtsammlung und er ist bekennender Dada-Fan mit Hang zum schrägen Humor.

"Mit den nettesten Dirigenten spielen"

Auch nach dem Jubiläum will Brendel weiter so aktiv bleiben, wie der Pianist jüngst in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" ("NZZ") erklärte. Er will jetzt unter anderem "die Mozart-Sonaten weiterführen" und "mit den nettesten Dirigenten und besten Orchestern spielen".

Von den Londoner "Proms", die er als seine "große Liebe" bezeichnete, verabschiedete sich Brendel 2004; der Schritt markierte zwar eine Reduzierung, aber keineswegs den Rückzug des Künstlers von Konzertauftritten oder Aufnahmen, wie zahlreiche Neuerscheinungen zum Jubiläum beweisen.

Familienduo

Besonders stolz soll Brendel auf die mit seinem Sohn, der Cellist Adrian Brendel, aufgenommenen Beethoven-Sonaten für Klavier und Cello sein. Das Gemeinschaftswerk bekam glänzende Kritiken.

Brendel wird nachgesagt, ein "profunder Perfektionist" zu sein, dessen Repertoire scheinbar mühelos das Humorvolle mit dem Ernsthaften verbindet.

Brendel in Parallelwelten

Der Hang zum absurden Witz kommt bei Brendel immer wieder zum Vorschein. Im "NZZ"-Interview erdichtet er plötzlich aus dem Stegreif alternative Karriereverläufe.

Eine Version endet etwa damit, dass Brendel "Filmmusiken für Woody Allen" schreibt, eine weitere ist noch abstrakter: "Künstlereltern. Vater Bildhauer und Tierausstopfer, Mutter Tänzerin und Diseuse. Frühzeitig Zuträger von Fundgegenständen für (den US-Surrealisten, Anm.) Joseph Cornell, dessen Assistent ich wurde", fabuliert Brendel.

"Alle Cornell-Boxen, in denen Vögel oder Ballerinen vorkommen, sind eigentlich von mir. Danach Drehbuchautor von Bunuel-Filmen. Schöpfer des Grazer Dada-Mahnmals, bei dessen Enthüllung sich der Bürgermeister verpflichtet hatte, stets auch das Gegenteil zu sagen."

"Nicht meine Art, mich ernst zu nehmen"

Im echten Leben gibt sich Brendel trotz allen Ehrungen bescheiden. "Es war noch nie meine Art, mich selbst zu ernst zu nehmen", sagte er einmal in einem Zeitungsinterview.

Auch habe er nicht vor, eine Autobiografie zu schreiben. "Ich habe in meinem Leben noch nie Tagebuch geschrieben." Das meiste Dokumentationsmaterial über seine Familie sei ohnehin im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.

Bekennender Fan von Mitteleuropa

Die Musik von Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert gefiele ihm "von der Qualität her" am besten, sagte er einmal.

Er habe immer versucht, für sein Repertoire "die beste Musik zu finden, die es gab. Und das meiste davon kommt aus Mitteleuropa, daran geht kein Weg vorbei", gestand er in einem unverhohlenen Kompliment an seine Heimat.

Kein Wunderkind

Brendel, dessen Eltern keine Musiker waren, sieht sich nicht als Wunderkind. Einem Grammophon, so sagt er, sei er erstmals im Alter von drei Jahren begegnet, als er im Hotel seines Vaters Schallplatten für die Hotelgäste auflegte.

Mit sechs Jahren begann er, Klavier zu spielen. Im Alter von 17 Jahren gab Brendel in Graz sein erstes öffentliches Konzert. Seine internationale Karriere begann 1949.

"Führe eine Art Doppelleben"

Aber die Musik war - und ist - für Brendel nicht alles. Lachen, so sagt der Autodidakt mit den schelmisch blitzenden Augen, ist seine Lieblingsbeschäftigung. Brendel schreibt aber auch Bücher über die Musik, und seine Gedichte haben gelegentlich das Verhalten von Kritikern und Zuhörern zum Gegenstand.

"Ich führe eine Art Doppelleben", sagt Brendel über sich. Wenn ihm der Stoff für sein "literarisches Leben" ausgehe, wende er sich dem Musikalischen zu. "Aber spielen werde ich, so lange ich physisch dazu in der Lage bin."

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