Der Kampf um die Abrechnung

Zwei Entscheidungen könnten drastische Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben.

  Man muss keinen Hang zu Verschwörungstheorien haben: Doch dass der Atomstreit mit dem Iran weit über den Nahen Osten hinausgeht, wird nicht nur durch den Umstand deutlich, dass der Iran eine Menge Öl zu verkaufen hat.

Die internationalen Beziehungen und die Finanzmärkte könnten durch zwei weitere Faktoren im Hintergrund des Konflikts stark betroffen sein.

  • Schon vor Jahren hatte der Iran angekündigt, eine eigene Ölbörse zu eröffnen, die nicht mehr in Dollar, sondern in Euro abrechnet. Als jüngstes Datum wurde der 20. März für den Start der Börse genannt. Doch im augenblicklichen Tauziehen um das iranische Atomprogramm könnte genau dieser Starttermin ein strategischer Trumpf sein, den Teheran in der Hinterhand hält.

  • Bereits letzten November hatte das Direktorium der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Beschluss vollzogen, mit 23. März nicht mehr den entscheidenden Indikator zum Umlauf der Geldmenge einer Währung, M3, zu veröffentlichen.

Änderungen, die man kaum wahrnahm

Dass die Daten zur Dollar-Geldmenge M3 nicht mehr veröffentlicht werden, ging beim Amtsantritt des neuen Fed-Chefs Ben Bernanke durch die Fokussierung auf die Zinspolitik des Nachfolgers von Alan Greenspan unter.

Die M3-Entscheidung der Fed könnte massive Auswirkungen haben. Fluchtbewegungen aus dem Dollar können kaum noch nachvollzogen werden.

Lizenz zum Gelddrucken

Überdies bedeutet die bisher wenig beachtete M3-Entscheidung, dass auf dem internationalen Finanzparkett eine neue Dollar-Skepsis entstehen könnte, verbunden mit neuen Fluchtbewegungen aus dem Dollar.

Es steht der Verdacht im Raum, dass unter dem neuen Fed-Chef vor dem Hintergrund des augenblicklichen US-Defizits eine neue Lust zum Gelddrucken entstehen könnte. Auf alarmistischen Websites in Europa entwirft man schon Horrorszenarien in Ausmaßen des Schwarzen Freitags.

Dollar nicht mehr Leitwährung beim Öl?

Beim Öl war bisher der Dollar die einzige Leitwährung. Doch der hohe Preis für das schwarze Gold ließ die Händler kreativ werden.

Sie suchen nach Möglichkeiten, ihre Spannen so gut wie möglich auszuschöpfen. Und der Umstand, dass Öl in Dollar abgerechnet wird, schlägt sich bei vielen Händlern durch die Währungsumrechnung samt Gebühren wie eine indirekte Steuer auf jedes Fass Öl nieder.

Die geplante Iranische Ölbörse (IOB) mit einer Abrechnung in Euro könnte für viele Käufer die versteckten Nebenkosten beseitigen. Auch Russland dachte im vergangenen Jahr schon laut über Abrechnungsmodalitäten in Euro nach.

Dollar-Abrechnung für Iran nur Nachteil

Bis jetzt wird an den Ölbörsen in London und New York Öl nur in Dollar gehandelt.

Für den Iran ergibt die Abrechnung in Dollar keinen Sinn. Schon lange hat man sich beim Öl nach Käufern umgesehen, für die die Abrechung in Dollar ebenfalls ein Nachteil ist. Und das sind die Europäer, für die durch die Euro-Bindung Transaktionskosten wegfallen würden.

Aber auch Indien und China gelten für den Iran als interessierte Abnehmer. China könnte dem Iran wieder Gegengeschäfte, etwa bei der Infrastruktur, anbieten.

Erste Fluchtbewegung aus dem Dollar

Viele OPEC-Staaten, die mit Öl ihr Geld verdienen, gehen zunehmend dazu über, ihre Reserven nicht mehr nur in Dollar anzulegen. Auslöser dieser Bewegungen ist die Furcht, dass man im Fall eines US-Embargos, etwa gegen den Iran, auf die eigenen Dollar-Reserven nicht mehr zugreifen kann, sollte man das Embargo unterlaufen.

Der Iran selbst hat auch kein Interesse, seine Einnahmen aus dem Öl über Dollar abzurechnen bzw. Reserven in Dollar zu bilden.

Euro als Druck für den Dollar

Diese Fluchtbewegung aus dem Dollar
könnte anhalten, sollte mit dem Euro eine neue Leitwährung auf dem Ölmarkt auftauchen.

Durch die M3-Entscheidung der Fed wären aber Fluchtbewegungen in größerem Ausmaß kaum noch zu erkennen. Für die internationalen Finanzmärkte ist das kein beruhigendes Szenario.

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